1. Bd. 2
- S. 619
1875 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
427. Die Inselgruppe Neu-Seeland.
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düstere Felsschluchten, von tosenden Gebirgsströmen durchrauscht, bilden die
Zierde einer wilden, unbewohnten, noch selten vom menschlichen Fuße betre-
tenen Gebirgslandschaft. Gegen Westen fällt dieses Alpengebirge steil ab,
an manchen Punkten mit 1000 Meter hohen, senkrechten Felswänden. Kein
Hasen bietet dem Seefahrer Schutz an der stürmischen Wetterseite der Insel,
an der furchtbar brandenden Felsenküste. Neu-Seeland bestätigt die auch an
Südamerika (Patagonien, Feuerland) und sonst gemachte Wahrnehmung,
daß die zerstörende Kraft des Meeres sich hauptsächlich an den West- und
Südwestküsten der Inseln und Kontinente geltend mache und das Land
abnage bis zu einer mächtigen Gebirgskette, welche dann die Schutzmauer
bildet für das an ihrem östlichen Fuße gelegene niedere Land. — Auf der
Nord-Insel haben die südlichen Alpen ihre Fortsetzung in einer Gebirgskette,
welche sich längs der Ostküste erstreckt, aber weit hinter der Höhe der südlichen
Alpen zurückbleibt. Dagegen ist die Nord-Jnsel reich an vulkanischen Erschei-
nungen aller Art: hohe trachytische Vulkankegel, kleinere basaltische Eruptions-
kegel, eine Reihe heißer Quellen, welche, wie die Geysir auf Island, nach
kürzern oder längeren Intervallen Wassermassen in dampfenden Fontainen
in t>ie Höhe werfen, Schlammvulkane und Solfataren haben zu der Ansicht
geführt, als ob Neu-Seelands Boden vorherrschend vulkanischen Ursprungs
sei und die Cooksstraße vielleicht solcher vulkanischer Thätigkeit ihre Ent-
stehung verdanke, indem Theile des Landes in die Tiefe sanken, während
andere gehoben wurden. Auch die Heftigkeit und das häufigere Vorkommen
von Erdbeben zu beiden Seiten dieser Straße hat bei den Colonisten die
Vermuthuug begründet, daß hier ein unterseeischer Vulkan liege, mit dessen
Ausbrüchen die Erdbeben verbunden seien.
Der Zufall mehr als wissenschaftliche Forschung hat zur Entdeckung der
Mineralschätze Neu-Seelands geführt, wo jetzt Kohlen, Gold, Kupfer,
Eisen u. s. w. gewonnen werden. Mit Grund hofft man, daß für den die
Production von Kohlen weit übersteigenden Bedarf der Dampfschifffahrt in
den australischen Gewässern zu dem neuholländischen New-Castle (s. S. 617)
bald auch noch ein neuseeländisches New-Castle sich gesellen werde, welches die
Schisffahrt in den dortigen Meeren unabhängig mache von englischem und ameri-
kanischem Brennstoff. — Die Entdeckung der reichen Goldfelder in Australien
(1851) entzog dem benachbarten Neu-Seeland eine Menge Arbeitskräfte, die
dem neuen Goldlande zuströmten, veranlaßte aber auch dort Nachforschungen
nach Gold lagern. Die zuerst (1852) in der Provinz Auckland entdeckten
waren wenig lohnend, mehr schon die in der Provinz Nelson aufgefundenen
(1856): aber erst die (1861) am Tuapeka-Flusse in der Provinz Otago ent-
deckten Goldablagerungen stellten die.thatsache fest, daß Neu-Seeland zu den
reichsten Goldländern der Erde gehöre, und nun erfolgte umgekehrt eine
massenhafte Auswanderung aus der Colonie Victoria nach Neu-Seelcind, wo
das Quellgebiet dreier Flüsse (Tuapeka, Waitahuua und Waipori) ein Goldfeld