1876 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Gegenüber jenfeit der Niederung endet plötzlich der südliche Berg-
zug, und wenn man im Sommer die bewachsenen Höhen und im
Winter die schneeige Bergkette betrachtet, so könnten sie für die
Ausläufer irgend eines nahen Gebirges gelten. Die Oder scheint
aber mit dem Abschiede jener Thalränder sich erst vollständig frei
zu fühlen, indem sie ihre reichen Wasserschätze zur Bildung des
Dammschen Sees, des Papenwassers und des Haffes
ausströmt.
Das reichste Rundgemälde gewährt Stettin von der Ostseite.
Hat man die Vorsestuug Damm hinter sich, und beginnt die Sonne
am Abend das große Wiesenthal mit dem See, die gegenüber-
liegenden Häusergruppen der Stadt, die Jakobikirche und das Schloß
zu vergolden, dann erscheint Stettin in seinem schönsten Anzüge.
Viele Brücken und bedeutende Aufschüttungen beweisen, daß der
Zugang zur Stadt von dieser Seite der schwierigste ist, jedoch hat
der Straßenbau zwei Dämme uebeu einander durch das Bruch
glücklich geführt, und die Lokomotive fährt bereits zwanzig Jahre
über diese künstliche Anlage. Hoch- und Stauwasser überfluthen
nicht selten im Frühjahre die Steinwege und sperren dann die
Verbindung.
Stettin gilt auch als Eingangsthor für die nordischen Reiche
nach Deutschland, und wenn der Reisende von Kopenhagen, Stock-
Holm oder Petersburg auf dem Dampfschiffe sich nähert, so wachsen
die gewerblichen Anlagen in der Nähe der Stadt; am User erblickt
man hinziehende Flöße, die großen Fabrikschornsteine mit ihren
stattlichen Gebäuden mehren sich, Schiffswerfte erscheinen und
über die grünen Wälle hinweg blickt von seiner Höhe das Schloß
herunter, in welchem einst die pommerschen Herzoge das Land
regierten.
Die Stadt zieht sich an den beiden Seiten der Oder hin; vier
Schisfbrücken verbinden die beiden User. Der zwischen ihnen ruhig
und sanft dahinfließende Strom ist die Lebensader der Stadt. Das
Zufrieren der Oder ist ein Trauertag für viele Familien, während
freies Wasser mehr ein Festtag ist, welcher die Kaufleute, Makler,
Schiffer und Träger mit frischem Lebensmuthe erfüllt.
Der alte Hafen reichte früher vom Ober- bis zum Unterbaume.
Beide Bäume bezeichneten das Gebiet der städtischen Niederlags-
gerechtigkeit, waren aber später Schlagbäume der Steuerbehörde,
und öffneten sich des Nachts nur mit besonderer Erlaubuiß. Vier
Brücken mit Zugklappen scheiden die Theile des Hafens. Ober-
halb der neuen Brücke liegen die Oderkähne mit ihren hohen Schnä-
beln, während der Abschnitt des Hafens von der langen zur Baum-
brücke mit den großen Speichern an der Lastadie zum Aus- und
Einladen für die großen Schraubendampfer und Seeschisse dient.
Unterhalb der Baumbrücke liegen die Dampfer für Reisende mit