1876 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und ihre Heerden vor Lawinensturz und Wintersturm in Sicherheit
zu bringen.
In den Bergen wirds jetzt leer, da Vieh und Heerden thalab
gezogen, und wunderhübsch schildert Tschudi das in seiner Alpenwelt:
»Weißt du doch selber, Alpenwanderer,« sagt er, «was für ein
schwermüthig drückender Ton im Herbst über diesen Felsen liegt,
wenn Menschen und Heerden, Pferde und Hund, und Feuer, Brot
und Salz sich ins Thal zurückgezogen. Wenn du an der verlasse-
nen und verrammelten Hütte vorübersteigst, und Alles immer ein-
samer und einsamer wird, wie wenn der alte Geist des Gebirgs
den majestätischen Mantel seines furchtbaren Ernstes über sein ganzes
Revier hinschlüge. Kein befreundeter Athemzug weht dich meilen-
weit an, kein heimischer Ton — nur das Krächzen des hungrigen
Raubvogels, das Pfeifen des schnell verschwindenden Murmelthiers
mischt sich in das Dröhnen der Gletscher und das monotone Rau-
schen des kalten Eiswassers. Die kahlgeweideten Gründe, in denen
die kleinen Gruppen der giftigen Kräuter mit frischen Graskränzen,
welche das Vieh nicht berührte, sich auszeichnen, haben die letzten
anmuthigen Tinten des Idylls verloren. Der schwarze Salamander
und die träge Alpenkröte nehmen wieder Besitz von den verschlam-
Menden Tränkbetten der Rinder, und die verspäteten Bergfalter
schweben mit halbzerrissenen und abgebleichten Flügeln durch das
Revier, aus dem die beweglichen Unken in trostlosen Chören die
sommerlichen Jodelgesänge der Hirten wie spottend zu wiederholen
scheinen «
Nicht wahr, wie schade, daß der Jäger gerade in diese Berge
einzieht, wenn sie der Hirt mit seinen idyllischen Heerden verläßt,
und der Jäger bedauert das gewiß. —
»Gott sei Dank, daß das langweilige Vieh mit seinem Gebim-
mel endlich abzieht«, murmelt er vergnügt vor sich hin, »jetzt be-
kommen die Berge doch endlich eine Ruh, und man braucht nicht
zu fürchten, auf jedem Pirschgang — jedem Joch, statt einem Rudel
Gemsen eine Heerde Schafe anzutreffen.«
Die Poesie der Berge verträgt sich recht gut mit der Jagd und
der ächte Jäger weiß sie gewiß zu würdigen, denn sein ganzes
Leben und Treiben ist poetisch; — aber sie darf ihm nur nicht
ins Gehege kommen, sonst sind sie eben die längste Zeit Freunde
gewesen. Wo sie die Ausübung seiner Jagdlust stört, hat sie für ihn
aufgehört Poesie zu sein, und — wenn er sie nicht zum Teufel wünscht,
geschieht das nur in einzelnen Fällen aus ganz besonderer Rücksicht.
Aber das Gebirg wird schon wilder. — Rechts von uns ragt
eine hohe schroffe Steinwand, von der Sonne mit ihrer flammenden
Gluth Übergossen, wie eine riesige Silberstuse auf; nach links zu
öffnet sich jetzt das Thal, und herüber grüßt da plötzlich mit seiner
scharfgeschnittenen, schneebedeckten Pyramidenkuppe der Schafreuter,