1876 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
501
und ein italienischer Strohhut machen den ganzen Putz aus. »Auch
die Männer tragen im Sommer seideue Kleider und Strohhüte.
Der Kühlung wegen sind die Tischplatten gewöhnlich von Marmor;
der Fußboden ist mit zierlich glastrten Backsteinen, seltener mit
Marmor oder Steinen belegt.« Die Fenster gehen bis auf den
Fußboden, und haben inwendig Fenstergitter, auswendig aber Fen-
sterschirme. Equipagen giebt es in Marseille fast gar nicht, denn
es geht sich ja in den Straßen sehr bequem und trocken; nach den
Landhäusern geht man zu Fuß; weite Partien werden nicht gemacht
und das im übrigen Frankreich übliche Visitengeben findet nur bei
seltenen Anlässen Statt. Die Familien leben sehr einzeln und be-
schränken ihren Umgang auf eine kleine Zahl Bekannte. Also leben
die Marseiller wohl recht häuslich und sittlich? — Im Gegentheil!
Die Männer haben ihre Zerstreuungen und Gesellschaften für sich,
wo sie hoch spielen und ihren Leidenschaften ohne Scheu nachhän-
gen, und den armen Frauen bleibt daher nichts übrig, als sich im
Kreise ihrer Kinder zu vergnügen. Glücklich diejenigen, welche sich
darin glücklich fühlen! — Sehr ergötzlich ist das lebhafte Treiben
in den Straßen zu sehen, vorzüglich des Abends; viele Leute sitzen
dann vor den Häusern, die Läden sind erleuchtet, und alles Leben
wird öffentlicher getrieben als im Norden. Man ißt und trinkt
im Freien, man geht in den Straßen spazieren. — Die meisten
Menschen sind hier schön, mit ausdrucksvollen, regelmäßigen Ge-
sichtern, schwarzen, blitzenden Augen, und nicht so braun als sonst
im Süden.
10. Toulon und seine Galeerensklaven.
Von Marseille nach dem nicht weit davon östlich liegenden Toulon,
dessen Einwohnerzahl 77,126 beträgt, durchreist man eine äußerst
felsige, zum Theil schaurig wilde Gegend, bis man sich in der Nähe
der Stadt plötzlich in eine paradiesische Gegend versetzt sieht. Vor
den Bauernhäusern sehen wir Orangenbäume, sich beugend unter
der Last der goldenen Früchte, die herrlichsten Wohlgerüche duftend.
Der ältere Theil von Toulon ist eng, winklig und schmutzig. Im
neuern Theile dagegen führt eine lange, breite, durchaus mit schönen,
großen Häusern besetzte Straße nach dem Handelshafen der Stadt,
der kleiner als der von Marseille, aber auch mit breiten Userwällen
umgeben ist, auf denen und auf den Schiffen ein fröhliches Leben
herrscht. Auf der Nordseite ist die Stadt von hohen, kahlen Felsen
eingeschlossen, und dadurch vor kühlen Nordwinden geschützt. Daher
ist hier das Klima noch milder als in Marseille, und der Pflanzen-
wuchs noch üppiger und reicher. Die herrlichsten Pflanzen des
Südens gedeihen hier in Fülle, und die ganze Umgegend ist mit
Landhäusern bedeckt.