1. Bd. 2
- S. 15
1903 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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mehrere kostbare Teppiche und standen mehrere Kisten voller Reichtum.
Meine Kosaken legten sich quer vor die Tür schlafen (wie jedesmal).
Auf der andern Seite der Kisten schlief der alte Häuptling mit Familie."
Das ist vornehmes Leben. Gemeine Sibirier kommen oft Jahre
lang unter kein anderes Dach, als welches sie sich jeden Abend auf-
bauen. Auch graben sie sich oft bloß in den Schnee, und schlafen dar-
unter besser aus, wie wir unter echten Eiderdunen mit Wärmflasche.
b. Die Cungulen.
Die Tnngusen sind ein nomadischer Volksstamm von chinesischer
Abkunft, welcher größtenteils von der Jagd lebt und die unabsehbaren
Einöden Sibiriens durchzieht. Durch Bildung und kriegerischen
Mut nehmen sie unter den nomadischen Stämmen Sibiriens einen
hervorragenden Rang ein. Sie stammen von einer chinesischen Heeres-
abteilung ab, die der Kaiser von China aussandte gegen die Russen,
um diese aus Sibirien zu vertreiben. Der Anführer dieser Heeres-
abteilung sah aber die Vergeblichkeit eines solchen Unternehmens ein
und zog es vor, um nicht seinen Kopf zu verlieren, falls er- unver-
richteter Sache nach Peking zurückkäme, mit seinen Mannschaften zu
den Russen überzugehen und ein Vasall (Lehnsmann) Peters des
Großen zu werden. Dieser Schar wurden nun Wohnsitze in Sibirien
angewiesen; Weiber und Kinder folgten ihr nach. Aus dieser kleinen
Horde, welche damals etwa 500 Köpfe betrug, ist nun ein Volksstamm
geworden, welcher jetzt über 11500 Seelen zählt und von einem
Häuptling und einer Behörde von fünf russischen Beamten oder Richtern
regiert wird.
Die Tungusen ziehen, in Familien und kleinen Stämmen zerstreut,
beinahe in ganz Sibirien umher, halten sich aber am liebsten in der
Nähe der chinesischen Grenze auf. Sie wohnen unter Zelten aus
Renntierfellen, die mittelst Stricken aus Därmen über ein hölzernes
Gerüst gespannt sind. Vor dem Eingange des Zeltes steckt das blanke
Schwert des Hausvaters in der Erde; mitten im Zelt brennt Tag
und Nacht aus einem Herd aus rohen Feldsteinen ein Feuer. Mit
Möbeln schleppen sich die Tungusen nicht: Renntierfelle vertreten ihnen
die Stelle von Teppich, Stuhl und Tisch. Das Renntier ist ein Haus-
tier, dessen Zucht sie große Aufmerksamkeit schenken, weil es ihnen,
wie den Lappen, beinahe alle Lebensbedürniffe liefert.
Ein Teil dieser Tungusen ist zwar seßhaft geworden und hat das
Christentum und damit auch russische Tracht und Lebensweise an-
genommen; aber die Mehrzahl ist der alten Tracht und Sitte treu
geblieben. — Alljährlich im Monat Juni versammeln sich die einzelnen
Stämme der Tungusen am Zusammenfluß der S y n n e mit dem
Jenisei zu einer Art Jahrmarkt, wo sie ihre Beute an Pelzwerk
und andere Erzeugnisse verhandeln und vertauschen und ihre Kopfsteuer