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1. Bd. 2 - S. 43

1903 - Langensalza : Greßler
43 17. Eine chinefifche ßochzeit.* Ein gar merkwürdiges Volk in seinen gesellschaftlichen Sitten sind die Chinesen. Bei allen ihren kirchlichen Handlungen, sei es nun ein Erntefest, eine Hochzeit, ein Neujahrs- oder Frühlingsfest, wird viel Aussehen gemacht. Fast immer wählen sie zu diesen Festlichkeiten eine bestimmte Jahreszeit; denn von dieser hängt es ab, so herrscht nämlich bei ihnen der Glaube, ob sie auf einen günstigen oder un- günstigen Ausfall derselben zu rechnen haben. So z. B. werden fast alle Hochzeiten nur im Beginne des Jahres, wenn die Pfirsichblüte ihren Kelch öffnet, gehalten. — Die Hochzeitsgebräuche in den vielen Städten und Dörfern des chinesischen Kaisertums sind sehr ver- schieden. Während meines Ausenthaltes in Shanghai, schreibt der Missionar Jenkins, fand ich Gelegenheit, über die dortigen Ge- brauche genaue Erkundigung einzuziehen, und teile das Ergebnis der- selben in nachstehendem mit. Wer hier Heiraten will, schickt einen Unterhändler zu den Eltern, deren Tochter er haben möchte, und läßt fragen, ob sie ihm dieselbe geben wollen. Bejahen sie diese Frage, so forscht der Unterhändler später nach dem Alter des Mädchens. Dann wird ein Wahrsager befragt, ob die Heirat gut ausfallen wird. Ist die Autwort günstig, so schickt der junge Mann Geschenke an das Mädchen, und dieses sendet andere an ihn. Vorher erkundigt er sich auch noch bei einem Priester nach dem Schutzgeiste der Familie, der Küche, der Stadt und des Stadtviertels, wo das neue Ehepaar wohnen soll. Die Zeit bis zum Hochzeitstage ist für die Braut eine rechte Trauerzeit, denn sie weiß nicht, wem sie anvertraut worden, und bei dem ganzen Geschäft haben die Eltern nur auf Geldgewinn oder auf äußere Ehre gesehen. Am Hochzeitstage, wozu auch ein Glückstag gewählt wird, ziehen die Freunde des Bräutigams nach der Wohnung der Braut, wobei Sonnenschirme, Fahnen und Gedächtnistaseln vorangetragen werden, ähnlich wie bei dem feierlichen Einzüge eines Mandarinen. Der Unterhändler geht voran, ihm folgen zwei Männer mit Lampen auf Stangen, ein Mann mit Schwärmern, die er unausgesetzt knallen läßt, ein weißer Ziegenbock mit etwas Cochenillenpulver bestreut, eine weiße Gans, Schalen mit Geschenken, der Sessel für die Braut, den vier Männer tragen, zwei Brautjungfern und des Bräutigams Freunde, die alle in Sesseln getragen werden. Ist dieser sonderbare Zug vor dem Hause der Braut angekommen, so halten dort die Diener die Tür wohl verschlossen und öffnen sie erst, nachdem sie ein reichliches Geldgeschenk erhalten haben. Dann dankt die Braut ihren Eltern, setzt sich in den Brautsessel, und ihre ganze Familie erhebt ein Geschrei, so laut wie bei Leichenbegängnissen. * Nach B. Jenkins.
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