1. Bd. 2
- S. 91
1903 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Preis in keinem Verhältnis zu den Kosten, welche die Arbeit verursacht,
nicht etwa weil die Arbeiter so ausgezeichnet bezahlt würden, sondern
weil ihr Werk äußerst langsam von statten geht. Der zum Weben
des Kaschmirschals dienende Stuhl besteht aus einem Rahmen, vor
welchem drei Arbeiter aus einer Bank sitzen. Diese arbeiten mit
langen, schweren Schiffchen; wenn sie jedoch bunte Muster hervor-
bringen wollen, mit so viel hölzernen Nadeln, als Farben vorhanden
sind; das Versahren gleicht dem Klöppeln. Je mehr Figuren hinein-
gewebt werden sollen, desto langsamer geht die Arbeit von statten, so
daß bei den schönsten Schals drei Arbeiter nicht mehr als täglich
6 Millimeter vollenden und in einem Jahre kaum einen solchen zu
liefern vermögen. Geringere Sorten, an denen auch nur zwei Arbeiter
tätig sind, werden dagegen sechs bis acht in einem Jahre geliefert.
Die feineren Schals werden in einzelnen Stücken auf mehreren
Stühlen gewebt, wobei die Arbeiter von einem Werkmeister beauf-
sichtigt werden, der für die geringsten Unregelmäßigkeiten der Arbeit
ein scharfes Auge haben und für genaue Ausführung des Musters,
wie für richtige Farbenwahl sorgen muß. Wird ein neues Muster
gearbeitet, so sagt der Werkmeister seinen Untergebenen in einem
eigentümlich singenden Tone vor, welche Figuren sie zu arbeiten, welche
Farben sie zu nehmen haben.
Sind die einzelnen Stücke eines Schals vollendet, so kommen
sie in die Hände anderer Arbeiter, die sie zu einem harmonischen
Ganzen zusammennähen. Auch an diesem schwierigen, langsam för-
dernden Werke sind stets mehrere, ebenfalls von einem Werkmeister
beaufsichtigte Arbeiter zugleich tätig, die bei dem größten Fleiße
jeder kaum täglich 10 Pfennig erwerben. Durch dieses Zusammen-
setzen aus mehreren Stücken entsteht die dem Kaschmirschal eigen-
tümliche und als Kennzeichen seiner Echtheit dienende Unregelmäßigkeit
des Gewebes.
Der fertige Schal wird mit einem Aufguß von Reis befeuchtet,
der jedoch von den znr Versendung nach Europa bestimmten Schals
wieder abgespült wird, dann kommt er nach dem Zollhause, um dort
gestempelt und versteuert zu werden, und endlich schreitet man zu
dem wichtigen Geschäfte der Verpackung. Zu diesem Zwecke wird
jeder Schal auf einem am Boden liegenden Teppich sorgfältig zu-
sammeugesaltet und zwischen jede Lage, wie auch außen herum,
Papier gelegt. Hierauf kommt er unter eine Presse, wird fest mit
Schnüren umwunden und endlich mit einer aus Filz, Baumrinde und
starker Leinwand bestehenden äußeren Hülle versehen. Diese Ballen
werden von Kaschmir nach Yemma geschickt. Hier werden die Schals
nochmals einer genauen Besichtigung unterworfen, dann durch Kamele
nach Lahore oder Amistris, und von dort, gegenwärtig durch
die Eisenbahn, nach Kalkutta und Bombay befördert, wo man
sie von ihrer ersten Umhüllung befreit und in eiserne Kasten packt,