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1. Bd. 2 - S. 28

1886 - Langensalza : Greßler
2 S aus, gehenkt zu werden, wie iu andern Ländern der Dieb oder Mörder. Sobald ein vom Arzt behandelter Kranker stirbt, hat der erstere oft Ursache, die Flucht zu ergreifen oder sich zu verstecken; denn die An- gehörigen des Gestorbenen haben das Recht, ihn wegen mißlungener Kur zu verklagen und die Behörde schreitet gegen ihn als Pfuscher ein. — Nach den chinesischen Strafgesetzen untersucht eine Anzahl von Ärzten, die ihre Heilkunst unter Aufsicht eines Professors gelernt haben, unter dem Vorsitze eines Staatsbeamten den beklagten Fall, und sobald sich nach ihrem Urteil herausstellt, daß der Tod des Kranken bloß durch Unwissenheit und Ungeschick des Arztes bei An- wendung der gebräuchlichsten Arzeneimittel erfolgte, so hat der letztere nach dem Gesetzbuche die Befugnis, sich von der Todesstrafe loszu- kaufen, darf aber als Arzt nicht mehr auftreten. Sofern er jedoch in seiner Kurmethode vom alten Schlendrian abwich und der Kranke starb infolge seiner medizinischen Versuche —- oder wurde doch durch diese nicht geheilt: so verfällt er nach den Gesetzen dem Henker. Übrigens wird in China nicht die ärztliche Behandlung, sondern nur die verschriebene Arzenei bezahlt, deshalb sind alle chinesischen Ärzte zugleich Apotheker und verordnen in ihrem Interesse möglichst viele und möglichst teure Arzeneien. Der Chinese weiß das und handelt mit dem Arzte um die Preise, verlangt oft weniger teuere, oder läßt die teuersten weg und begnügt sich mit einem Teile des Rezepts, ob- schon dadurch die Heilwirkung fast ganz verloren geht. Der Arzt läßt sich auch den Abzug eines Rabatts gefallen, damit der Kranke nicht in eine andere Arzeneibude sende. Es kommt außerdem häufig vor, daß die Angehörigen eines Kranken.erst überlegen, ob dessen Zustand nicht bereits so hoffnungslos sei, daß das Geld für Arzenei zum Fenster hinausgeworfen werde, und ob es nicht besser sei, lieber einen Sarg statt derselben zu taufen, welcher allerdings in China wegen seiner oft zimmerartigen Größe und Pracht ziemlich teuer ist, und in der Regel schon bei Lebzeiten der Kranken angeschafft wird. Das Verfahren der chinesischen Ärzte ist sehr einfach; sie heilen fast alle Krankheiten nach Maßgabe des Pulsschlags. — Seitdem durch Dr. Pearson die europäische Manier der Kuhpockenimpsung in China bekannt geworden ist, wird sie dort zum Teil ausgeübt: noch immer aber giebt es Ärzte, welche den Kindern das Blatterngift ge- trocknet mit Baumwolle in die Rase stecken. Am tüchtigsten sind die chinesischen Heilkünstler in der Kur sieber- artiger oder ansteckender Krankheiten, wozu ihnen vorzügliche pflanz- liche Heilmittel — z. B. China und Rhabarber, zu Gebote stehen. Ihre leitenden Handbücher sind die „Kräuterhefte", Naturgeschichten des Pflanzenreichs, von welchen seit dem fünften Jahrhundert eine große Anzahl erschienen ist. Mit solchen Hilfsmitteln in der Hand tritt der chinesische Arzt seinem Verhängnis, das ihm niemals goldene Schätze verspricht, öfters
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