1. Bd. 2
- S. 39
1886 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Socken oder mit Pantoffeln von geflochtenem Stroh, welche mit
weißen Bändern festgebunden werden, und im Fuße ein eigenes Futteral
für die große Zehe haben, ähnlich wie die europäischen Fausthandschuhe.
Jedem hohen Beamten ist es erlaubt, seidene Hosen und zwei
Schwerter zu tragen. Kein Kaufmann kann es bis zu dieser Ehre
bringen; nur durch vieles Geld und bedeutende Fürsprache erteilt man
ihm die Erlaubnis, ein Schwert anlegen zu dürfen. Die ganze
Kriegsmacht der Japaner besteht aus 120 000 Mann.
Wie es gegenwärtig in Japan aussieht, davon giebt uns ein neuer
Reisender, Or. Williamson, ein anschauliches Bild. Seinem Reise-
bericht entnehmen wir folgende Mitteilungen:
„Ohne allen Zweifel hat Japan eine große Zukunft vor sich und
die Dinge entwickeln sich aufs schönste dem Ziele zu. Als ich meine
erste Reise (1872) nach Japan machte, war die Revolution eben erst
vorüber und doch hatte der Strom des Fortschritts schon mächtig ein-
gesetzt; die Leute waren begeistert für alles, was europäische Bildung
hieß, ohne doch recht zu wissen, wie sie sich dieselbe aneignen sollten;
man sing gerade an, diese und jene Verbesserungen anzubringen und
die Eingeborenen boten in dem bunten Gemisch ihrer Kleider und
Kleiderlosigkeit einen wunderlichen Anblick dar. Unter solchen Umständen
blieb einem nichts anderes übrig als herzlich über diese Kindereien zu
lachen; aber jetzt (1875) hat sich alles verändert und Bewunderung
ist an die Stelle des Lächelns getreten. Jenes bunte Durcheinander-
ist fast ganz verschwunden und jedermann ist ordentlich, entweder ganz
europäisch oder ganz japanisch gekleidet; nur muß man sagen, daß die
fremdländische Tracht den Leuten nicht recht sitzen will oder ihre
Schneider noch nicht den rechten Schnitt herausgefunden haben. Allerlei
Neuerungen und Verbesserungen sind mit viel Takt und großem Erfolg
durchgeführt. Je weiter wir kamen und je mehr wir zu sehen kriegten,
desto stärker wurde dieser Eindruck. Es wird daher am besten sein,
wenn ich der Reihenfolge unserer Stationen nach über das Geschehene
Bericht erstatte.
„In Nagasaki kam eine große Anzahl Eingeborner als Reisende
an Bord. Sie waren nett nach englischer Mode gekleidet, nahmen
ihre Plätze in der ersten Klasse, saßen mit uns am Tisch und aßen
ganz wie Europäer mit Messer und Gabel. Das ist bereits die Regel
bei den wohlhabenderen Japanern, wenigstens auf der Reise; gewiß
ein Fortschritt! Nachdem wir Nagasaki hinter uns hatten und nun
durchs Binnenwasser fuhren, zeigte sich ein Zeichen des Fortschritts
nach dem andern. An allen Punkten von Bedeutung sah man Leucht-
türme, welche mit den vorzüglichsten Lichtern ausgestattet waren. An
zwei Orten sind auch Leuchtschiffe aufgestellt. Das Netteste aber waren
die kleinen Küstendampfer, welche wie auf dem Genfer See beständig
zwischen den Ortschaften am User hin- und herfuhren.