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1. Bd. 2 - S. 355

1886 - Langensalza : Greßler
355 gebliebenen waren teils dem Schmerz und der Trauer um die Ihrigen preisgegeben. Bereits im Dezember 1811 ward Caracas zuerst ans seiner Sicher- heit durch einen Erdstoß von beträchtlicher Heftigkeit aufgeschreckt. Man beruhigte sich jedoch wieder, da beinahe drei volle Monate vergingen, ohne daß die geringste Erschütterung erfolgt wäre. Endlich ging die Sonne am 26. März 1812 über Caracas auf; es sollte aber den Unter- gang nicht mehr sehen. Der Tag kündigte sich sehr heiß an, die Lust war ruhig und der Himmel wolkenlos. Es war der grüne Donners- tag, das Volk strömte hausenweis zu den Gotteshäusern. Nichts schien den Betern ihr nahes Ende zu verkünden. Es war vier Uhr nach- mittags. Plötzlich tönten die Glocken; es war Gottes-, nicht Menschen- hand, die znm Grabgeläute zwang. Eine zehn bis zwölf Sekunden lange Erschütterung schreckte das Volk; die Erde schien flüssig und kochend. Man glaubte, die Gefahr sei vorüber, als sich plötzlich der heftige unterirdische Donner hören ließ, aber stärker und anhaltender als das Rollen der Gewitter in dieser Jahreszeit. Unmittelbar auf dieses Gewitter folgte eine senkrechte, drei bis vier Sekunden anhaltende Bewegung, welche zu gleicher Zeit von einer wagerechten, wellenförmigen begleitet war. Diese Stöße folgten in zwei sich durchkreuzenden Rich- tungen von Norden gegen Süden und von Osten nach Westen. Diesen gleichzeitigen Bewegungen von unten nach oben und sich durchkreuzend konnte nichts mehr widerstehen, in einer Viertelminute war Caracas ein Schutthaufen, der 9 bis 10 000 seiner Bewohner begraben hatte. Noch hatte die Prozession (mehrere in feierlicher Ordnung gehende Personen) den Umgang nicht eröffnet; aber das Hinzuströmen zur Kirche war so groß, daß gegen 3 bis 4000 Einwohner unter dem Einsturze ihrer Gewölbe begraben wurden. Die Erderschütterung war in der Nordseite der Stadt am heftigsten gewesen. Die Kirche der Dreifaltigkeit und der Alta Gratia, die mehr als 45 Meter Höhe harten, und deren Schiss durch 4—5 Meter dicke Pfeiler getragen ward, lagen in einen Trümmerhaufen verwandelt, der nicht höher als 1,5 bis 2 Meter war, und die Zermalmung des Schuttes war so beträchtlich, daß von den Pfeilern und Säulen auch keine Spur mehr kenntlich geblieben war. Die Kaserne San Carlos war beinahe verschwunden. Es stand darin ein Regiment Linientruppen unter den Waffen, das sich eben zur Pro- zession begeben sollte, von diesem retteten sich nur wenige einzelne, die andern lagen unter dem Schutte vergraben, in den sich das große Ge- bäude so plötzlich verwandelt hatte. Neun Zehnteile der schönen Stadt Caracas waren gänzlich zerstört. Die Häuser, welche nicht einstürzten, waren so zerrissen, daß sie nicht mehr bewohnt werden konnten.. Etwas weniger verheerend zeigten sich die Wirkungen des Erdbebens im süd- lichen und westlichen Teile der Stadt zwischen dem großen Platze und dem Hohlwege von Carognata. Hier blieb die Kathedralkirche aufrecht stehen. Wenn man nun zählt, daß 9 bis 10 000 Menschen durch die 23*
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