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1. Bd. 2 - S. 356

1886 - Langensalza : Greßler
356 Trümmer der Stadt Caracas erschlagen Warden seien, so scheint man damit nur den glücklichen Teil der Bewohner bezeichnet zu haben, die plötzlich und unvermutet, zum Teil in Andacht und Gebet ergriffen, vom Tode überfallen, den Leiden entnommen wurden, welche die andern Mitbürger trafen. Man gedenke nun aber der Menge dieser Unglück- lichen, die verwundet, an ihren Gliedern zerschmettert noch Monate lang zum Teil die Ihrigen überleben mußten, und dann aus Mangel an Pflege und Nahrung dennoch umkamen. Die Nacht vom grünen Donners- tag auf den Karfreitag bot den Anblick eines grenzenlosen Elends dar. Beim Einsturze der Stadt hatte sich eine finstere, dicke Staubwolke er- hoben, und die Luft gleich einem dicken Nebel erfüllt und verfinstert. Gegen Abend schlug sich der Staub zur Erde nieder, und die Luft wurde wieder rein, die Erde war wieder fest und ruhig, und die Nacht so stille und schön, wie je zuvor. Der fast volle Mond leuchtete, und die ruhige heitere Gestalt des Himmels bildete einen furchtbaren Abstich gegen die mit Trümmern und Leichen bedeckte Erde und den namen- losen Jammer der Menschen. Mütter trugen die Leichen ihrer Kinder im Arme, durch die Hoffnung getäuscht, sie wieder ins Leben zu bringen. Jammernde Familien durchzogen die Schutthaufen, die am Morgen noch eine Stadt waren, reichblühend, belebt, um einen Bruder, einen Freund zu suchen, dessen Schicksal unbekannt war, und den man im Gedränge verloren glauben konnte. Alles Unglück, welches in den Jammerscenen von Lissabon, Messina, Lima und Riobamba war erlebt worden, wieder- holte sich an dem Schreckenstage des 26. März 1812. Die unter dem Schutte vergrabenen Verwundeten riefen die Vorüber- gehenden laut flehend um Hilfe an; über 2000 wurden hervorgezogen. Nie hat wohl das Mitleid sich rührender und erfinderischer gezeigt als in den Anstrengungen, welche gemacht wurden, um den Unglücklichen, deren Seufzer man hörte, Hilfe zu reichen. Es mangelte gänzlich an Werkzeugen zum Nachgraben und Wegräumen des Schuttes, man mußte sich also der Hände zur Hervorgrabung der Unglücklichen bedienen. Die Verwundeten sowohl, als die aus den Hospitälern Geretteten, wurden am Gestade des kleinen Guyaraflusses gelagert. Hier konnte der Schatten der Bäume den Menschen allein Obdach gewähren. Die Betten, die Leinwand zum Verband der Wunden, chirurgische Werkzeuge, Arzeneien, alle Gegenstände der ersten Bedürfnisse waren unter dem Schutt be- graben. In den ersten Tagen mangelte alles, sogar Nahrungsmittel. Auch das Wasser war im Innern der Stadt selten geworden. Die Erdstöße hatten teils die Brunnenleitungen zerschlagen, teils waren durch das eingestürzte Erdreich die Quellen verstopft. Um Wasser zu be- kommen,' mußte Ulan den Guyarafluß hinabsteigen, wo es wieder an Gefäßen zum Schöpfen fehlte. Die Bestattung der Toten war sowohl durch Religion, als durch die Sorge für die Gesundheit geboten. Es war jedoch unmöglich, so viele Tausende zu bestatten: es wurden daher Kommissarien ernannt,
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