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1. Bd. 2 - S. 490

1886 - Langensalza : Greßler
490 Umgegend gefertigt. Früher besaß diese Kirche noch andere bedeutende Schätze. Unter andern war ein silberner Leuchter von solcher Schwere vorhanden, daß vier Männer ihn kaum zu trageu vermochten. Aber sein Gewicht hat die republikanischen Kirchenräuber nicht abgehalten, ihn fortzutragen. Der mit Gold und Silber reichlich geschmückte Altar, die Edelsteine, selbst die kostbaren Gemälde wurden von den revolutio- nären Gewalthabern geplündert. Jetzt sind die soliden Kirchenschätze der spanischen Zeit durch Sammet und schlecht vergoldete Verzierungen ersetzt, die nur oberflächliche Augen blenden. Nur die wertlosesten Bil- der sind zurückgeblieben. Die französischen Kircheustürmer der Gegen- wart fanden dort alles Schmelzbare bereits geleert, und keine ergiebige Ernte erwartete die flinken Schnapphähne der Zuaven und „Zephyre" wie bei der Plünderung des chinesischen Kaiserpalastes. Vom Turm der Kathedrale hat man einen wundervollen Überblick der Stadt mit all' ihren langen und breiten Gassen, ihren großen Plätzen, den zahllosen Kuppeln und Türmen. Auch die große und schöne Hochebene der Landschaft mit ihren hübschen Haciendas, ihren Kirchen und Kapellen auf den „Cerros", ihren Waldgruppen und Ge- treidefeldern ist von der Höhe der Kathedrale herab auf weithin zu überschauen. Überaus malerisch und großartig ist der westliche Hinter- grund der Landschaft mit dem Riesenvulkan Popocatepetl, dessen ge- waltiges Schneehaupt unter einem tiefblauen Himmelsdom glänzt, und weiter nördlich die herrliche Gruppe des Malinche mit seinen Tannen- wäldern und finstern Schluchten. Auch der östliche Hintergrund der Hochebene gegen Orizaba ist wunderschön, besonders bei Sonnenunter- gang. Das Entzücken des reisenden Naturfreundes über diese para- diesische Landschaft wird freilich etwas gedämpft durch den Gedanken, daß man selbst in gewöhnlichen Zeiten ein paar hundert Schritte von den Wällen der Stadt seines Eigentums nicht sicher ist. Wer in der Umgebung von Puebla ohne Gefolge oder ohne besonderen Schutz reiste, der durfte sicher sein, Geld und Pferd, ja selbst Rock, Hemd und Hosen einzubüßen, und mitunter auch sein Leben. Während der Reisende Lempriere in Puebla verweilte (1861), ereignete es sich, daß ein reicher junger Mann der Stadt mitten im Paseo, der Hauptprvmenade, von Räubern mit dem Lasso, dem be- kannten Wurfriemen, gefangen fortgeschleppt wurde. Die Räuber verlangten von seinem Vater 3000 Pesos Lösegeld. Man bot ihnen 300 Pesos. Die Unterhandlungen wurden zwischen den Bevollmächtigten der Räuber und der Verwandten des Unglücklichen mit aller Gemüt- lichkeit hin- und hergeführt, als gelte es einem ganz gewöhnlichen Ge- schäft. Man hatte sich beiderseits noch nicht über die Summe ver- ständigt, als der britische Reisende die Stadt verließ. Obwohl damals kein außerordentliches Ereignis, nicht einmal eine Militärrevolution, in Mexiko stattfand, und eine gewisse politische Ruhe herrschte, so standen doch Barrikaden in allen Straßen von Puebla.
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