1. Bd. 2
- S. 495
1886 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika baut vorzugsweise Welschkorn, Mais, ein schweres
Nahrungsmittel, das in jenen: Erdteile gleichfalls nur geringe War-
tung und Pflege erheischt. Beiläufig mag hier erwähnt werden, daß
die Europäer in diesem Erdteile, als sie ihn entdeckten, nur ein Paar
Völker fanden, die in der Gesittung und den Künsten des Friedens so
weit vorgeschritten waren, daß sie sich auf Ackerbau verstanden und
denselben regelmäßig trieben. Es waren die Mexikaner und Peruaner
auf den Hochebenen der Cordilleren. Alle übrigen waren Fischer-
oder Jägervölker, sie hatten es nicht einmal bis zum Hirtenwesen
gebracht.
Die große indische Eilandflur, welche zwischen Südasien, Australien
und China sich ausdehnt, und durchaus dem heißen Erdgürtel angehört,
hat keine eigentümliche Getreideart, wenn man nicht etwa den Reis
dafür gelten lassen will, der aus jenen Inseln, Sumatra, Java u. s. w.
gleichfalls gebaut wird. Die weiter östlich liegenden bedürfen keines
Getreides, da die Brotfrucht ihnen völlig genügt. Die meisten übrigen
besitzen dagegen an dem, was die Sagopalme (Sagus marini ferus)
ihnen liefert, ein vollkommen ausreichendes Surrogat für Reis oder
Mais, für Brotfrucht, Weizen oder Hirse. Die Sagopalme wird zwar
sehr dick, erhebt sich aber selten über 10 Meter. Ihr Staunn enthält
eine außerordentlich beträchtliche Masse schwammigen Markes, die ein
eßbares Mehl und das sogenannte Sagobrot liefert.
Außer diesen Getreidearten und Baumfrüchten bilden bekanntlich
die Gemüse und eßbaren Wurzeln in allen Erdteilen Hauptnahrungs-
mittel der Menschen. Von welchen ungeheuern Folgen ist z. B. der
Anbau der Kartoffel in Europa begleitet gewesen, wie unentbehrlich ist
sie geworden, und kaum haben wir sie in unserm Deutschland hundert
Jahre! Was neben dxm Brote bei uns die Kartoffel für die ärmeren
Leute, ist in allen heißeren Gegenden Südamerikas für die rothäutigen
Indianer und Neger die Wurzel des Maniok oder Kassawestrauches,
deren Saft zwar süß, aber giftig ist. Aber man raspelt die Wurzel,
preßt den giftigen Saft ans und gewinnt auf diese Weise Mehl, das
ein sehr gesundes Brot liefert.
Die Menschen jener Gegenden, welche unsere Getreidearten bauen,
sind übrigens im allgemeinen körperlich größer und stärker, als jene,
die vom Reis leben, und diese stehen wiederum auf einer höhern
Bildungsstufe, als bei denen, wo man vorzugsweise Mais und Hirse-
arten als Hauptgetreideart findet.
Es ist schon gesagt worden, daß die Menschen im allgemeinen
weniger stark essen, je mehr sie dem Äquator oder überhaupt der heißen
Zone näher wohnen. Der Grönländer überfüllt sich mit fetten Speisen,
der Bewohner der Levante ist mit etwas Gerste oder Reisbrei, der
Maure cm nordwestlichen Afrika mit einigen Datteln, Feigen oder etwas
Gummi vollkoncmen zufrieden. Der Südländer hält weniger aus den
Magen als auf die Haut, die er mit Öl sättigt. Im hohen Norden