1912 -
München
: Kellerer
- Autor: Weber, Adolf, Weber, Amalie
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): München
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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denen Hans in die Welt guckt und glänzend braun wie Hansens
Kraushaar ist Gretes glattes Fell. Ich möchte niemand raten
die Schwärze des Rappen, die helle Farbe der Schimmel, die
Zeichnung der Schecken schöner zu finden als Gretes kurzes
Brauuhaar. Nur einmal ist Hans beinahe stutzig geworden; das
war als Gärtners Fritz behauptete, die Schimmel erreichten ein
höheres Alter als ihre andersfarbigen Genossen, denn natürlich
wünscht er auch seiner Grete ein möglichst langes Leben. Sein
Vater aber beruhigte ihn: „Besser als wir unser Bräundl striegeln
und putzen, regelmäßiger als wir's zur Schwemme führen ist's
auch nicht nötig um das weiße Fell des Schimmels tadellos
sauber zu erhalten. Denn das Geheimnis dieser Lebensver-
längernng ist die peinlichste Sauberkeit, die viele bei dunkel-
farbigeren Pferden aus Bequemlichkeit nicht so genau beachten."
Grete erwidert Hansens Gefühle aufs herzlichste. Kaum
betritt er den Stall, dreht sich der feine Kopf nach ihm, große,
kluge, lebhafte Augen sehen ihm entgegen und oft begrüßt ihn
ein freudiges Wieheru. „Ich kenne es der Grete jedesmal an,
wenn du kommst," sagte der Knecht, „sie hört dich längst ehe ich
etwas merke. Da richtet sie sich schon auf, und spitzt und
bewegt ihre Ohren; man muß sich wundern, wie fein sie mit
den „Tüten" hört. Du lachst; sieh selbst ob ihre Ohrmuscheln
nicht so aussehen. Damit fängt sie wohl jeden Laut auf.
Übrigens muß ich dir noch etwas erzählen! Gestern wollte ich
mir einen Spaß machen und hielt ihr deine Hausjoppe vor die
Nase. Da solltest du gesehen haben wie die Nase schnupperte,
wie sich die Nüstern bewegten! Sie kannte dein Gewand genau
so am Geruch wie unser Karo. Und wie der Hund findet sie
durch ihren Geruch den Weg auch in dunkler Nacht," fügte der
Vater bei, „und nnferm Michel wäre es vorige Woche abends
bei dem dichten Nebel, der nicht die Hand vor den Augen er-
keuuen ließ, schlecht gegangen ohne Brünnls ausgezeichneten
Geruchsinn."
„Gretel, kennst du mich?" so fragte Hans und streichelte
sein liebes Pferd und klopfte ihm die glänzenden Seiten. „Ei,
du willst die Taschen aussuchen, lachte der Bube und holte den
gewünschten Leckerbissen, Zucker und Schwarzbrot, heraus. Die
beweglichen, weichen Lippen erfaßten das Stückchen auf des
Knaben Hand und drückten es in das Maul. Mit derselben
Bewegung ho^te es das Büschel Heu aus der Raufe, den Hafer
und Häcksel aus der Krippe. Hans nahm nun den Eimer und
trug frisches Wasser herbei, sofort steckte der Gaul das ganze