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1. Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild - S. 139

1912 - München : Kellerer
139 — bequem verhandeln, so stand man denn im Ring an der Straßenecke, wo sich die Wege schieden. Die Wenn und Aber wollten kein Ende nehmen. „Soll ich euch Stühle heraus- tragen?" rief die Frau vom nächsten Obstladen. Hei, nun stob das Häuflein auseinander. „Stehenbleiben und schwätzen mitten auf dem Trottoir ist verkehrsstörend" hatte der Herr Lehrer schon in der Unterklasse gesagt und sie waren jetzt Studenten, wenn auch erst angehende. Und da sich Fritzl und sein Freund Rudi, dank des spöttischen Anerbietens, ans ihre Würde be- sonnen hatten, verließen sie heute zum erstenmal nach gemein- samer Fahrt die Trambahn so rasch und pünktlich, daß der Schaffner keinen Hinweis auf „Zeitversäumnis", „draußen auch Zeit zum Reden", „flinkere Füße", „Geduld zu Ende" u. a. machen mußte. Aber nicht immer machten sich unsere Buben durch Ta- delnswertes bemerklich. Saßen sie da eines Tages zur Mittag- stunde eng gepreßt im Wagen, kaum ellenbogenfrei, denn es regnete in Strömen und selbst der unbequemste Platz im Innern ist behaglicher als die Plattform, wo Wind und Regen die Stehenden erreichen. Da stieg ein altes Weibchen auf, schwer schleppte sie an ihrem Korb, die freie Hand strich das weiße Haar unter das Tuch, das der ungestüme Wind hernnterge- rissen hatte. Seufzend sieht sie die dichtbesetzten Bänke, sie hatte ans einen trockenen Platz und ein bischen Ausruhen gehofft. Da stieß Fritzl leicht an den Arm seines Freundes, ein Blick des Einverständnisses, beide Buben standen auf: „Wollen Sie sich nicht auf unseren Platz setzen, liebe Frau?" Dankbar schaute sie das arme Frauchen an. „Brave Burschen" und „So ists recht, Höflichkeit ziert die Jugend!" Damit hörten sie von den Anwesenden ihr Urteil gesprochen. „Nicht an die Türe lehnen, Büblein", mahnte freundlich ein junger Mann, „sonst kann der Schaffner nicht ans und ein! Rück nur nah zu mir und lehn dich an mich, dann stehst dn fest? Nein, nein, das stört mich gar nicht, nur dicht her und der andere wackere kleine Mann kommt vor mich, den halte ich mit dem Arm." Ihrer Höflichkeit verdanken Fritzl und Rudi auch ihren ersten Verdienst. „Könnt ihr mir nicht sagen, wo der Weg nach dem Marienplatz geht?" redete sie in der Sonnenstraße ein fein gekleideter Herr an. „Aber ihr müßt mir einen möglichst ge- raden und einfachen Weg sagen, wenn er auch weiter ist, damit ich mich nicht verirren kann, denn ich bin fremd hier?" „Wenn Sie erlauben", antwortete unser Pärlein, „so gehen wir ein
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