1912 -
München
: Kellerer
- Autor: Weber, Adolf, Weber, Amalie
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): München
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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bequem verhandeln, so stand man denn im Ring an der
Straßenecke, wo sich die Wege schieden. Die Wenn und Aber
wollten kein Ende nehmen. „Soll ich euch Stühle heraus-
tragen?" rief die Frau vom nächsten Obstladen. Hei, nun stob
das Häuflein auseinander. „Stehenbleiben und schwätzen mitten
auf dem Trottoir ist verkehrsstörend" hatte der Herr Lehrer
schon in der Unterklasse gesagt und sie waren jetzt Studenten,
wenn auch erst angehende. Und da sich Fritzl und sein Freund
Rudi, dank des spöttischen Anerbietens, ans ihre Würde be-
sonnen hatten, verließen sie heute zum erstenmal nach gemein-
samer Fahrt die Trambahn so rasch und pünktlich, daß der
Schaffner keinen Hinweis auf „Zeitversäumnis", „draußen auch
Zeit zum Reden", „flinkere Füße", „Geduld zu Ende" u. a.
machen mußte.
Aber nicht immer machten sich unsere Buben durch Ta-
delnswertes bemerklich. Saßen sie da eines Tages zur Mittag-
stunde eng gepreßt im Wagen, kaum ellenbogenfrei, denn es
regnete in Strömen und selbst der unbequemste Platz im Innern
ist behaglicher als die Plattform, wo Wind und Regen die
Stehenden erreichen. Da stieg ein altes Weibchen auf, schwer
schleppte sie an ihrem Korb, die freie Hand strich das weiße
Haar unter das Tuch, das der ungestüme Wind hernnterge-
rissen hatte. Seufzend sieht sie die dichtbesetzten Bänke, sie hatte
ans einen trockenen Platz und ein bischen Ausruhen gehofft.
Da stieß Fritzl leicht an den Arm seines Freundes, ein Blick
des Einverständnisses, beide Buben standen auf: „Wollen Sie
sich nicht auf unseren Platz setzen, liebe Frau?" Dankbar schaute
sie das arme Frauchen an. „Brave Burschen" und „So ists
recht, Höflichkeit ziert die Jugend!" Damit hörten sie von den
Anwesenden ihr Urteil gesprochen. „Nicht an die Türe lehnen,
Büblein", mahnte freundlich ein junger Mann, „sonst kann
der Schaffner nicht ans und ein! Rück nur nah zu mir und
lehn dich an mich, dann stehst dn fest? Nein, nein, das stört
mich gar nicht, nur dicht her und der andere wackere kleine
Mann kommt vor mich, den halte ich mit dem Arm."
Ihrer Höflichkeit verdanken Fritzl und Rudi auch ihren
ersten Verdienst. „Könnt ihr mir nicht sagen, wo der Weg nach
dem Marienplatz geht?" redete sie in der Sonnenstraße ein fein
gekleideter Herr an. „Aber ihr müßt mir einen möglichst ge-
raden und einfachen Weg sagen, wenn er auch weiter ist, damit
ich mich nicht verirren kann, denn ich bin fremd hier?" „Wenn
Sie erlauben", antwortete unser Pärlein, „so gehen wir ein