1912 -
München
: Kellerer
- Autor: Weber, Adolf, Weber, Amalie
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): München
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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vögeln. Der kurze Schnabel, nicht so stark wie bei den aus-
schließlichen Körnerfressern, doch kräftiger wie bei Insekten-
fressern, ist geeigenschaftet, ihre Nahrung rasch aufzunehmen.
Die Lerchen leben in der Freiheit von Grasspitzen, Getreide-
körnern, Käfern, Heuschrecken, Spinnen, Schmetterlingen. Im
Käfige werden sie zunächst mit Mehlwürmern, Ameiseneiern und
gelben Rüben gefüttert."
„Warum ist sie so unruhig?" rief ein Kind.
„Das kommt daher, weil sie sich vor so vielen Kindern
fürchtet," war die Antwort. Übrigens, wußte Auguste beizu-
fügen, können die Lerchen die Gefangenschaft sehr wenig ertragen.
Sie trippeln beständig hin und her und fahren gegen die Decke,
die deshalb im Käfig auch aus Leinwand besteht, damit sie sich
den Kopf nicht verletzen. Sie meinte, eine Lerche in einen
Käfig zu sperren, sei recht grausam. Sie kann ja im Käsig
nicht mehr gegen das Firmament emporfliegen, was ihr eine
große Qual sein müsse, auch habe sie gewiß Verlangen nach
der Reise, die ihre Schwestern im Herbst antreten.
Der Herr Lehrer bestätigte die Aussage und eine kleine
Weile wurde nichts mehr gesprochen. Die Kinder schauten auf
deu kleinen Hans, dem die Lerche gehörte. Ihn selbst überkam
so etwas wie Beschämung.
Endlich zeigte Wilhelm wieder den Finger. „Ich weiß, daß
die Lerche ein sauberes Nest, das schwer zu finden ist, aus
Wurzeln und Hälmchen in kleine Bodenhöhlen oder zwischen
Stauden baut und mit welken Blättern und dürrem Grase aus-
füttert. In dasselbe legt das Weibchen sechs gelbliche oder röt-
liche, so wie die Farbe der Erde, mit Pünktchen und Flecken ver-
sehene Eier, die vierzehn Tage bald von dem Männchen, bald
von dem Weibchen bebrütet werden. Ich habe auf dem Felde
schon oft ein Lerchennest mit Eiern oder Jungen gesehen. Können
letztere das Nest verlassen, dann müssen sie schon für sich selbst
sorgen, denn das Weibchen legt bald zum zweiten Male und
dann beginnt das Brutgeschäft von neuem."
Nachdem der Herr Lehrer dem kleinen Hans zu erkennen
gab, daß er es möglich machte, daß die Kinder heute eine Lerche
besichtigen konnten, wofür ihm ein Dank gehörte, teilte Hans
sofort den festen Entschluß mit, die Lerche wieder frei zu lassen.
Der Herr Lehrer belobte ihn deshalb und die übrigen Kinder
hatten ihn nur desto lieber.