1905 -
Halle a.S.
: Schroedel, Pädag. Verl.
- Autor: Wulle, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt, Präparandenanstalt, Seminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nur Trümmereis, das sind kleine Schollen und kleine Treibeis-
massen von oft wunderlichen Formen.
Gering ist der Wert der Gliederung der Nordküste der von
dem Polarmeere bespülten Kontinente, da die Flußmündungen und
Meerbusen einen großen Teil des Jahres zugefroren sind. Gering
ist auch für die Erschließung des Polargebietes der Wert der
Gliederung des Polarmeeres selbst durch die Inseln und Inselgruppen,
sofern die Meeresstraßen nicht durch Zweige des warmen Golfstromes
bis zu bedeutenden Breiten zugänglich erhalten werden. Drei
Torwege wurden bis in die neueste Zeit für die Erforschung der
Nordpolargegenden benutzt. Die Straße durch die Baffinbai und
den Smith-Sund, eine Lieblingsroute der Amerikaner, benutzte Kapitän
Nares und erreichte 1876, durch die Eisverhältnisse begünstigt, die
Breite von 83 0 20'. Durch das Grönländische Meer zwischen Grön-
land und Spitzbergen haben die beiden Nordpolexpeditionen Deutsch-
lands 1868 und 1869 einen Weg zu finden gesucht. Unter den
ungünstigsten Eisverhältnissen gelang es der zweiten, unter 76" 77'
als äußersten Punkt Kap Bismarck in dem vergletscherten Kaiser
Wilhelm-Lande festzustellen. Die dritte Straße bildet die zwischen
Spitzbergen und Nowaja-Semlja gelegene Barentsee, in die der
Golfstrom am mächtigsten eindringt, und welche zur Entdeckung von
Kaiser Franz Joses-Land 80 bis 83° n. Br. durch die österreichische
Expedition unter Weyprecht und Payer 1873—1874 führte.
Während die bisherigen Expeditionen durch die iu den hohen
Breiten herrschenden Zustände und Naturkräfte genötigt wurden,
umzukehren, hat der kühne Norweger Fridtjof Nansen versucht, jene
Kräfte sich in der Weise zunutze zu machen, daß sie selbst die Aus-
führung der Expedition bewirken, ihn alfo in die Gegend des Nord-
Pols und darüber hinaus tragen sollten.
Zu diesem Gedanken ist Nansen durch folgende Beobachtung gekommen.
Bon der in der Breite der Neusibirischen Inseln 1881 untergegangenen „Jeanette"
wurden treibende Überreste an verschiedenen Küsten des Eismeeres gefunden; ein
Stück wurde im Jahr 1884 weit vou der Untergangsstelle entfernt, gegenüber der Süd-
Westküste von Grönland ausgefischt, bis wohin es auf einer Eisscholle getrieben war.
Diese Eisscholle muß aber den Weg von der Jeanette-Jnsel aus nach dem Kap Farewell,
der Südspitze Grönlands, vermittels einer im Polargebiet herrschenden Strömung
zurückgelegt haben, die nach Ansicht Nansens fast direkt über den Nordpol hinüber-
geführt hat. Da nun auch aus dem Borkommen von sibirischem Treibholz in
Ostgrönland das Vorhandensein einer anscheinend regelmäßigen Strömung unter
den verschiedenen Bewegungen des Meeres in der Polargegend angenommen werden
kann, und diese vielleicht mächtigste derselben an der Ostküste Grönlands hinab
nach Süden führt, ihren Ursprung also nicht nur am Pol, sondern darüber hinaus
bei den sibirischen Inseln und Küsten hat, so beschloß Nansen, sich zunächst nach
den Neusibirischen Inseln zu begeben, um von dort aus unter Benutzung vou
Segel- oder Dampskraft seines Schisfes sowie der Strömung in treibendem Zustande
das Polargebiet in der Richtung nach Grönland hin zu durchqueren. Am
Johannistage 1893 brach Nansen mit seinen Gefährten auf der „Fram" nach den
Nensibirischen Inseln auf, ließ sich dann vom Eise treiben, kam mit Schlitten am
7. April 1895 bis 83° 13' 36", kehrte über ^ranz Joses-Land zurück und landete