1905 -
Halle a.S.
: Schroedel, Pädag. Verl.
- Autor: Wulle, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt, Präparandenanstalt, Seminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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tager (Nertschinsk). Den Ostrand bildet das Stanowoigebirge,
das in der Tschnktschen-Halbinsel sich verliert.
Als ein besonderes Glied im Oberflächenbau Nordasiens muß
die Halbinsel Kamtschatka aufgefaßt werden, die durch eine 120 km
breite Moostundra mit dem Festlande zusammenhängt, in der Süd-
Hälfte außerordentlich vulkanisch (Klinischem von Montblanchöhe)
und durch seine Grasfluren mit baumhohen Doldenpflanzen und
fast ebenso hohen Nesselgewächsen bemerkenswert ist.
Welcher Fluß bildet die Grenze zwischen dem Tieflande und dem Gebirgs-
lande? Welche Hauptabdachung hat Sibirien? Welche Flüsse durchziehen Sibirien?
Gib Quelle, Hauptrichtuug und Mündung derselben an!
Das übrige Land zwischen dem Jenissei und dem Stanowoi-
gebirge, Ostsibirien, ist ein niedriges Mittelgebirge, einem nach dem
Eismeere zu allmählich sich senkenden sanftwelligen Plateau ver-
gleichbar, in welches nur die Täler der Flüsse tiefer eingeschnitten
sind. Diese gliedern das Bergland, und sie sind es auch allein,
welche wegen ihrer geschützten Lage einigen Ackerbau zulassen, während
das Bergland mit dichtem Walde, den Jagdgründen der Pelzsäger,
bedeckt ist.
Wegen der enormen Massenhaftigkeit Sibiriens, wegen der im
Süden und Osten vorgelagerten Gebirge, welche die feuchten Ost-
und Südostwinde im Sommer nicht herein, die kalten, schweren Lust-
massen im Winter nicht hinaus lassen, wegen der offenen Lage zum
Nördlichen Eismeer ist Sibirien das kälteste Land der Erde. In
Ostsibirien liegt bei Werchojansk, nordnordöstlich von Jakutsk,
der sogenannte asiatische Kältepol mit einer Januartemperatur von
— 49 °C und einem Jahresmittel von —16,7°. Hieraus sowie
aus der geringen Dicke der Schneehülle erklärt sich auch die große
Ausdehuuug der Eisbodengrenze, d. h. der Bodenschicht, die beständig
eine Temperatur unter Null hat, und die daher nie völlig auftaut.
Diese Eisrinde ist es, welche höheren Pflanzen freudiges Gedeihen
wehrt und nur solchen zu leben gestattet, welche an der im
Sommer nur oberflächlich auftauenden Bodenschicht sich genügen
lassen.
Moor und Sumps, Morast und Bruch bilden nur eine dünne
Sommerdecke des ewigen, hier herrschenden Winters. Nur auf dem
zu Dünen gehäuften Sande, der von der monatelang ununterbrochen
vom Himmel herabstrahlenden Sonne durchwärmt ist, sprießen allerlei
Blumen: der rotblühende Weiderich, die liebliche Heiderose, das
freundliche Vergißmeinnicht u. a. m. * Das ist die Tuudra, die
Heimat des wilden Renn, die von dem Gestade des Großen Ozeans
an der Eismeerküste entlang in einer Breite von 400—800 km
bis an den Ural reicht und über diesen' hinaus nach Nordeuropa
sich fortsetzt.
1 Brehm, Vom Nordpol zum Äquator.