1905 -
Halle a.S.
: Schroedel, Pädag. Verl.
- Autor: Wulle, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt, Präparandenanstalt, Seminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Bevölkerungsziffer ist also erheblich geringer als im benachbarten
Belgien; sind doch 30,7 °/0 des Bodens unproduktiv. Acker und
Gärten umfassen 27,7 °/0. In den Marschen werden hauptsächlich
Handelsgewächse angebaut: Krapp, Zichorien, Tabak, Flachs,
Zuckerrüben und Sämereien. Altberühmt ist die Blumenzucht von
Nord- und Süd-Holland; sehr verbreitet ist der Anbau von Gemüse,
namentlich von Kohl und Bohnen. Der Getreidebau (Weizen,
Roggen und Gerste in den Marschen; Haser, Roggen, Buchweizen
und Kartoffeln in der Geest) deckt den Bedarf bei weitem nicht.
Dagegen ist bei den ausgedehnten Wiesen und Weideflächen (34,7 %,
so daß für den Wald noch 6,9 % verbleiben) die Viehzucht ein
hervorragender Zweig der Beschäftigung der Bewohner. Auch die
Seefischerei auf Hering und Kabeljaue sowie die Austernzucht
ist von Bedeutung. Von den Mineralien sind nur zu nennen:
Steinkohlen in Limburg, Tors in den Moorgebieten, Pfeifenton,
außerdem etwas Salz aus dem Meerwaffer. Die Industrie wird
durch den Mangel an Eisen, Kohle und Holz am Aufschwünge
gehindert. Noch blüht in einigen Städten die alte Leinenindustrie;
ihr schließt sich die Woll- und Baumwollweberei an. Von Wichtig-
keit ist auch der Schiffbau im Zusammenhange mit Tau- und Segel-
tuchfabrikation. Andere Industriezweige sind Tonwaren- und Ziegel-
bereituug, Branntwein- und Likörfabrikation, Tabakverarbeitung und
Diamantschleiferei. Die Grundlage des Nationalwohlstandes ist noch
immer der Handel; ein Hauptgegenstand desselben sind die Kolonial-
waren, die in großen Mengen aus den Kolonien ein- und dann
wieder ausgeführt werden. Die Hauptverkehrsländer der Nieder-
lande sind Deutschland, Großbritannien, Belgien, Niederländisch-Ost-
und Westindien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Das
Eisenbahn- und Telegraphennetz ist sast ebenso dicht wie in
Deutschland; Flußadern und Kanäle sind jedoch die Hauptverkehrs-
straßen.
Die Bewohner sind vorherrschend Holländer (71 °/0), im
Norden wohnen Friesen, im Süden Vlaemen. Mehr als die Hälfte
sind Protestanten, 1/s Katholiken; die übrigen sind Juden oder ge-
hören anderen Religionsgemeinschaften an. Obgleich der Schul-
Unterricht nicht obligatorisch ist, so steht die Bevölkerung doch im
allgemeinen auf einer hohen Bildungsstufe. Es bestehen eine große
Zahl niederer und höherer Unterrichtsanstalten; 3 Staatsuniversitäten
in Leiden, Utrecht, Groningen und eine freie (Gemeinde-) Universität
in Amsterdam, außerdem zahlreiche Anstalten zur Ausbildung der
Seefahrer und Techniker.
Die Niederlande bilden eine konstitutionelle Monarchie
mit zunächst männlicher, dann aber auch, wie gegenwärtig, weiblicher
Erbfolge. Die gesetzgebende Gewalt übt die Königin gemeinschaftlich
mit den Generalstaaten. Diese bestehen aus zwei Kammern; in
der ersten sitzen 51 Mitglieder, die aus den Höchstbesteuerten und den