1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Ii. Das Deutsche Reich.
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Ii. Das Deutsche Reich.
Indem wir uns anschicken, die verschiedenen natürlichen Gebiete des Deutschen
Reiches zu durchwandern, finden wir, daß das Ganze in 3 große Abteilungen
zerfällt:
1) Süddeutschland, zwischen den Alpen (nebst dem Rhein) im Süden und
der Mainlinie oder dem mitteldeutschen Gebirgszuge (Fichtelgebirge—taunus—huus-
rück) im Norden;
2) Mitteldeutschland, oder die Gebirgs- und Hügelländer nördlich
vom Main;
3) Norddeutschland oder das Flachland am Nordsaume der mitteldeutschen
Gebirge.
1. Süddeutschland.
Süddeutschlaud, in das wir von der Schweiz zunächst gelangen, enthält von
West nach Ost folgende Gebiete: das Reichsland Elsaß-Lothringen, Baden, Hohen-
zollern, Württemberg und Bayern.
Das südliche Stück von Hessen-Darmstadt betrachten wir in Verbindung mit dem
ganzen Großherzogtum erst später.
Aas Aeichsland Ltfaß-Lotljringen.
§ 96. Wenn wir bei Kehl auf der prachtvollen Eisenbahnbrücke über den
Rhein fahren, gelangen wir bald nach Straßburg, der seit 1870 wieder deutsch
gewordenen Stadt. Ja, deutsch ist da noch alles, die hohen Giebelhäuser, mitunter
stattliche Bürgergebäude, in oft engen, krummen, winkligen Gassen, fast lauter deutsche
Gesichter, vor allem die Sprache, zwar eine nicht gar angenehme, fast jüdelnde
Mundart, der alemannischen verwandt; — doch die Straßen tragen französische.
Namen und viele Gebildete beider Geschlechter reden die fremde Sprache mit Lust,
wenn nicht immer mit Geschick. .
Das ganze Elsaß, — die Vogesen samt dem ebenen Vorlande auf dem linken
Rheinufer — ist ja ursprünglich deutsches Land, und erst vor 200 Jahren vom
Deutschen Reiche abgerissen, freilich auch schmählich von ihm preisgegeben worden.
Während dieser langen Zeit ist es allerdings ziemlich französiert worden. Doch ist
noch fast überall deutsche Zunge und deutsche Sitte mit freiem Sinn und Provinzial-
Patriotismus im Elsaß heimisch, und deutsche Gründlichkeit dem gallischen Element
beigemischt. Von dem letzteren fällt dem Fremden zweierlei auf: einmal die uuge-
meine Leichtigkeit des Umgangs, die unverwüstliche Heiterkeit, die Artigkeit des Be-
nehmens, die Lebhaftigkeit und Ungeniertheit, und dabei die Gewandtheit, das Richtige
und Witzige zu treffen, nebst einer guten Portion Selbstgefälligkeit, als wäre man
nun unter der ersten Nation der Welt, — und dann, daß überall fast das zweite
Wort „Paris" ist, als ob die ganze Welt in Paris aufginge. (Elisaß— Fremdensitz.)
Straßburg (mit 105 000 E.) ist schon durch seine Lage, an der großen
europäischen Heerstraße von Wien nach Paris, eine bedeutende Stadt; aber als größter
Handelsplatz am Oberrhein, als Sitz einer neuen, großartigen deutschen Universität
und des kaiserl. Statthalters der Reichslande, sowie endlich als Festung ersten Ranges,
nimmt es weitaus die erste Stelle unter den Städten des Oberrheins ein.
Lesebuch der Erdkunde. 7