1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Schleswig-Holstein. 209
heißt Jütland und gehört dem Königreiche Dänemark an. Der Hals des Landes
aber ist ein selbständiges, zum deutschen Reiche gehöriges Land, das nach dem Aus-
sterben seiner Landesgrafen (von Holstein) im Jahr 1460 den König von Dänemark
Christian I. zu seinem Landesherrn — jedoch unter Wahrung seiner Selbständigkeit
— erwählt hat, wobei er versprechen mußte, daß Schleswig und Holstein ewig
beisammen bleiben sollen (up ewig uugedeelt). Von den letzten Königen aber wur-
den diese deutschen Lande, unter Mitwirkung der uichtdeutschen Großmächte, als
dänisches Eigentum in Anspruch genommen und behandelt; Schleswig namentlich,
das auch rechtlich nicht zum deutschen Bunde gehörte und eine gemischte Bevölke-
rung hat. Wie 1848—50 Schleswig-Holstein endlich zu jenem Selbsterhaltungskriege
gedrängt wurde, wie die deutschen Großmächte es erst preisgaben (1850), dann
1864 seine Abtretung erzwangen, wie es 1866 eine preußische Provinz wurde, ist
allgemein bekannt. Lauen bürg wurde 1876 mit Schleswig-H.olstein vereinigt.
Holstein heißt das Land im Süden, Schleswig das im Norden der Eider.
Die Einwohner (1 127 000) sind vorherrschend altsächsischer (nordalbingischer) Ab-
stammung mit plattdeutscher Sprache, im Westen auch Friesen; im Norden
150 000 Dänen. Fast alle Einwohner sind Lutheraner.
§ 205. Das ganze Land, aus dem norddeutschen Flachlande fortsetzend, hat
wie Hannover d r e i e r l e i B o d e n g e st a l t u n g e n, die sich aber hier von Westen
nach Osten von einander scheiden:
1) Im Westen das ganz niedrige, fette und ungemein fruchtbare Marsch-
laud, das gegen die Nordsee und deren furchtbare, bis 6 m und mehr steigende
Sturmfluten, teils durch kostspielige Dämme, teils durch natürliche Sandhügel
(Dünen) geschützt ist, aber auch durch gefährliche Sandbänke vor den Watten für die
Schiffe fast unnahbar gemacht wird. Es ist mit seinen reichen und kräftigen Be-
wohnern die Fortsetzung des Friesischen Tieflandes von Norddeutschland und bildet
die Elbmarschen und das Land Dithmarschen in Holstein, Eiderstedt, Bredstedt und
Nordfriesland in Schleswig.
2) Östlich von den Marschen in der Mitte des Landes von Süden nach Nor-
den das Moor- und Sandland, durchzogen von einem niederen Landrücken,
die Fortsetzung der sächsischen Moor- und Sandebene (§ 191) der Geest, mit unab-
sehbaren Heidestrichen und zum Teil völlig unfruchtbar und öde, wie nur irgend
eine deutsche Gegend. Eine zahllose Menge von Torfmooren, mit kleinen und großen
Granitblöcken übersät, bedeckt das weiche Land, und liefert neben den Backsteinen
das Baumaterial. Es ist dies der größte Teil des ganzen Landes.
3) Weiter im Osten längs der Ostsee das hügelige, liebliche Seenplatten-
land mit sehr ergiebigem Lehmboden, das aus Mecklenburg hieher fortsetzt, viele
von waldigen Hügeln und schönen Ortschaften umsäumte Seen enthält und in treff-
lichen Buchten die See einläßt.
In den zwei Seeufergebieten der Nord- und der Ostsee setzen sich somit die
Küstenlandschaften beider Meere in die Halbinsel fort: friesische Marsch, baltische
Seenplatte, in der Mitte des Landes sächsisches Sand- und Moorland. Und so ist
auch die Beschaffenheit der Bewohner: an der Westküste die heldenmütigen Friesen;
in der Mitte Sachsen, von jeher freie Landleute mit wenigen adligen Gütern; an der
Ostsee vormals Wenden, jetzt auch Sachsen, großenteils mit Rittergütern.
Letzteres Gebiet nun ist es vorzüglich, um dessen willen Schleswig - Holstein
die Perle Norddeutschlands ist. Nicht allein, sofern es in seinen lieblichen
Lesebuch der Erdkunde. 14