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1. Lesebuch der Erdkunde - S. 442

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
442 Xii. Das Königreich Italien. Süden immer mehr Zunehmen. Am Zuger See ist das Auge überrascht von den prachtvollen Kastamenbäumen; im Waadtlaude reift ein feurigerer Wein als weiter im Norden; aber völlig erschließen sich die Gegensähe zwischen nördlicher und südlicher Natur erst nach dem Alpenübergange. Auf dem St. Gotthard z. B. starrt noch die kahle rauhe Felsenwüste der Hochalpen gleich dem hohen Norden von Nor- wegen; aber von der Höhe des 2114 in hohen Passes ist man bald im Leventiner Thal (Teffin) mit dem üppigen Pflanzenwuchse und von den milderen Lüften einer südlichen Welt umgeben. Reife Feigen und Mandeln, Zitronen und Pomeranzen, prachtvolle Lorbeern und Oleander, und mächtig rankende Weinreben, dann kleinere steinerne Häuser mit flachen Dächern, die braunen, etwas wilden Gesichter mit tief- schwarzen Haaren und Bärten, und das Leben unter freiem Himmel, die Lebhaftig- keit des Volks und die welsche Sprache, alles verkündigt Italien. Nicht lange, so ist man an einem der herrlichsten Seen Oberitaliens, dem Lago maggiore (Langensee) angelangt. Gerade hier, am Eingang Italiens, ist eine zau- berisch entzückende Natur, besonders bei den berühmten Borromäischen Inseln, die einst kahle Felsen waren. Der dunkelblaue Seespiegel, von stattlichen Myrten und Lorbeeren umgrüut, von Orangen nmdustet, die Ufer überreich von Gott und Menschen geschmückt, wo die Rosen nie aufhören zu blühen, rings von Städten, Dörfern und geschmackvollen Villen eingefaßt und von romantischen, prachtvoll bebauten Hügeln umschlossen, alles in dem reichen Laubgrün des Südens prangend, und hinter diesen Gartenhügeln ein schönes, fruchtbares Mittelgebirge, in der Ferne die ernst erhabenen Kolosse des Monte Rosa und seiner Nachbarn, dazu die sauste milde Luft, so klar und rein, so durchsichtig, wie vou ätherischem Glänze durchgosseu! Wie paßt doch dazu das heitere Volk, au Feiertagen in buntem Putz, immer zu Scherz und Spiel aufgelegt und in lautem Getöue seine glück- liche Stimmuug ausstrahlend! Sie plaudern und spielen, lachen und jubeln, singen, musizieren, scherzen und tanzen, — auch nach des Tages Last nud Hitze ohne zu er- müden. Diese Kirchenfeste, wie toll und kindisch werden sie oft gefeiert, und wenn der Lärm uns Nordländern ohrenbetäubend und sinnverwirrend wird, den Italiener ficht das nicht an, es ist ihm gerade dabei wohl, er jubelt mit und kümmert sich um die ganze Welt nicht, — so wird er seines Lebens froh. Aus dem lieblichen See schifft man dann vollends hinaus in die offene Landschaft, die fruchtbare Tiefebene der Lombardei; und bald ist man mit der Eisenbahn in der ersten Großstadt Italiens, Mailand, mit dem weithin schimmernden Dom. § 407. Italien streckt sich 160 Meilen oder 1200 km lang zwischen zwei Nebenmeeren, dem Tyrrhenischen und dem Adriatischen hinaus ins Mittel- meer, wo es mit seiner äußersten Insel Sizilien von dem dort vorspringenden Afrika nur noch 18 Meilen entfernt ist. Das Land hat daher je mehr nach Süden, desto wärmere Temperatur, bis es zuletzt (fast) winterlos wird und in den großen Städten viele Tausende keine Wohnung und kein Stückchen Feld mehr zu ihrem Leben brauchen, mit ein paar Stunden Arbeit des Tages ihr zwar ein- saches, aber doch glückliches Leben fristen, und die Nacht frei unter dem milden italienischen Himmel oder unter den Säulenhallen der vielen Kirchen und Paläste zubringen. Italien, ein sehr wechselreiches Land, voll herrlicher Landschaften und Erzeug- nisse, besteht aus zwei Hauptteilen. Das kleinere breite Oberitalien, das noch mit dem Festlandskörper von Europa zusammengewachsen ist, im Süden von der Schweiz und Tirol gelegen, wird hauptsächlich vou der Lombardischen Ties- ebene gebildet; im N. und W. von den Abhängen der Alpen, im S. von denen des Apennin umschlossen, ist es gegen ein vielbesuchtes Binnenmeer, das A d r i a- tische, geöffnet (f. S. 271), aber mit einer ungünstigen Küste. Der größere
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