1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Apennin.
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(570 km), ist also der größte Fluß Italiens. An seinen Ufern liegen die Städte:
Turin, Casale, Pavia, Piacenza, Cremona, Guastalla (Ferrara wenigstens in der Nähe).
§ 411. Der Apennin (keltisch Pen — Felsspitze), und zwar sein nördlicher
Teil, von dem wir zunächst sprechen, schließt sich am Col di S. Bernardo (Bormida-
quelle) östlich vom Col di Tenda (1873 m hoch) an die Alpen an, zieht sich in einem
Bogen rings um den Meerbusen von Genua und bildet mit seinen allmählichen
Abfällen nach N. den südlichen Höhenrand der Poebene. Im N. tritt er im Berg-
land von Montserrat (Grabkirche Superga 678 m) weit in die Ebene vor, bis über
Turin hinaus, im S.-O. dagegen ebensoviel nach S. zurück, bis Forli und Rimini,
wie im N.-O. dort auch die Alpen zurücktreten, so daß also zwischen beiden Gebirgen
das Poland sich weit öffnen kann.
Die höchsten Gipfel (Alpe di Succiso) in Modena erreichen 2000 m, die
Pässe 700 — 1000 m, das Gebirge ist überaus wild, die Gipfel meist kahl, der Ab-
fall nach S. zum Ligurischeu Meer sehr schroff, weshalb früher der schmale gebirgige
Küstenstrich, die R i v i e r a , das alte L i g u r i e n, eine abgetrennte Existenz führte;
die nördlicheren sanfteren Abhänge (bis 500 m hoch), sind mit Eichen- und Ka-
stanienwäldern bedeckt. Nordwärts entsendet der Gebirgskamm viele kleine Flüsse
zum Po : Tänaro (mit Bormida), Trebbia, Taro?c., die aber im regenlosen Sommer,
weil der Apennin Kalkgebirge, also quellenarm ist und die Schneegrenze nicht er-
reicht, sämtlich sehr schwach fließen oder gar versiegen. Längs dieser nördlichen
Seite liegen die Städte: (Turin, Casale), Alessandria, Parma, Reggio, Modena,
Bologna, Faenza, Forli.
Der Kamm des nördlichen Apennin bildet eine scharfe Scheidewand zwischen
Oberitalien und der Halbinsel: am Nordabhange ist die Vegetation noch ungefähr
dieselbe, wie am Südfuße der Alpen, am jähen südlichen Fuße dagegen, der R i-
viera dilevante (im Osten von Genm) und Riv iera di Ponente (im Westen)
herrscht schon ganz die Kultur der Südfrüchte. In diesem heißen, vor den Nord-
winden geschützten Gebirgsstriche gedeihen die Feldfrüchte nicht mehr, dagegen vor-
züglich Ol, Kastanien, Wein, Südfrüchte, selbst schon die Zwergpalme (Chamaerops
humilis).*) Auch Fischerei und Handel werden schwungvoll betrieben; die Bewoh-
ner dieses Küstenlandes sind die besten Seeleute Italiens, gewandt, kräftig, ohne
Furcht und unverdrossen, werden aber in Italien selbst für verschmitzt, treulos, ja
grausam gehalten. Auch ihre Mundart ist eigentümlich, das Zeneise (Zena für
Genua). Hier erscheint schon recht das italienische Gepräge: die dunklere Hautfarbe,
tieffchwarze, dichte und krause Haare und dunkle feurige Augen. Von Städten
sind hier neben Genua noch Savoua im W. und Spezia im O. zu erwähnen.
§ 412. Am meisten fällt dem Nordländer — und dies gilt wie auch das Folgende
von ganz Italien — die Öffentlichkeit des Lebens auf. Der Italiener, vornehm
oder gering, lebt viel mehr auf der Straße als im Hause; er treibt da sein Gewerbe vor
aller Augen, sogar der Schreiber und der Notar. Der Vornehme kommt wenigstens
abends hinaus in das öffentliche Leben im Freien, jede Stadt hat einen schönen großen,
angenehm gelegenen, beschatteten Spaziergang, einen Korso, wo abends die vornehme
Welt zu Wagen, zu Pferd und zu Fuß sich vergnügt. Sodann ist der Italiener im
Umgang leicht und ungezwungen, und verkehrt mit jedermann aufs lebhafteste; den Hut
auf dem Kopf läuft er in Stuben, Läden, Buden umher, und da geht es in der unge-
mein leichten Sprache mit einer unausgesetzten Schnelle, daß die Gedanken kaum nach-
*) Aus einem Palmenwkldchen bei Bordighera an der Westküste gegen Nizza zu wird ein großer Teil
Italiens für den Palmsonntag mit Zweigen versehen.
Lesebuch der Erdkunde. 29