1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Xyi. Das Königreich Serbien.
Das Ländchen hat weder Stadt noch Festung; tapfere Männer gelten als die
besten Mauern, und deren kann es 60 000 ins Feld stellen. — Rußland thut alles,
um das Bergvolk immer fester an sich zu ketten, an dem es einen vorgeschobenen
Posten gegen die Türkei hat. Einkünfte und Ausgaben etwa 445 000 österreichische
Gulden (ohne die russischen Snbsidien).
Xvi. Das Königreich Serbien.
§ 458. Ein prächtiges Gebirgsland; von der Tiefebene der Save und Donau
(an der Grenze Österreichs) hinauf zu den, an der Südgrenze (gegen Albanien und
Makedonien) aufgetürmten Zentralketten, wie der Schar D a g h (S. 480), von
denen die wasserreichen Bergflüsse (Drina, M o r a w a, Timok) zur Donau hinab-
strömen. Der höchste Zug, die K o p a v n i k P l a n i n a, ist 2106 m hoch, irrt O. er-
reicht die kühngeformte Bergpyramide des Rtanj 1560 m. Zwischen den vielen
700—1300 in hohen, dicht mit Eichen und Kastanien bewaldeten und schwer zu
passierenden Gebirgsrücken (P l a n i n a) des Innern ziehen tiefe Bergthäler, eben-
falls noch stark bewaldet (mit der stolzen Platane, schwarzen Maulbeerbäumen,
Kirschlorbeeren, Myrten und Linden), und nur durch enge Thalpforten oder beschwer-
liche Gebirgspässe mit einander verbunden, daher sparsam bewohnt. Bloß die größeren
weiteren Hochthäler sind die Kulturlandschaften des Landes, die seine Städte und
Festungen, auch Wahlstätten blutiger Schlachten und viele Ruinen enthalten. Das
Knotengebirge in der Mitte des Landes ist das im Sturatz 1104 m hohe Rndnik-
gebirge; an seinem waldigen Ostfuße liegt Kragnjevatz, früher Residenz des
Fürsten. Die Bergrücken setzen im N. fort bis zu den Borstufen der Karpaten
(Kliffura). — Das niedrigere Land ist ungemein fruchtbar: Mais und anderes Ge-
treide, guter Wein in Menge, Obst in ganzen Wäldern (Birnbäumek.), Flachs und
Hanf. Aber vorherrschend ist die Viehzucht, besonders wegen der eichelreichen Wal-
düngen die Schweinezucht.
Die Serben (S. 509) sind einer der begabtesten Slavenstämme, durch mäch-
tigen und edeln Körperbau, feurigen Geist, Tapferkeit und Freiheitsliebe ausgezeichnet.
Die inneren Bergbewohner können für die schönste und kräftigste Rasse derselben
gelten. Sie erhoben sich zuerst unter Czerny Georg (1804), dann unter Milosch,
den endlich die Pforte 1830 als erblichen Fürsten anerkannte, und desfen Familie
(die Obrenowitsch) noch regiert. Nachdem Serbien seine Unabhängigkeit von der
Türkei erlangt (1878), hat es sich 1882 als Königreich proklamiert. Die serbische
Sprache, die wohlklingendste unter allen slavischen Zungen, auch die illyrische
genannt, wird von 6 Mill. Slaven gesprochen, von Dalmatien bis nach Rußland
hin, und besitzt nicht unbedeutende Geisteswerke, besonders schöne Lieder, deren Ge-
sang sie mit der Gnsla, einer Zither mit Einer Saite aus Pferdehaaren, begleiten.
Die Serben sind alle freie Männer — sie nennen sich „Edellente" — und
leben in wohlgeordneten Gemeinden, unter denen kardiale Gleichheit herrscht. Jeder
waffenfähige Serbe ist kriegspflichtig; der geachtetste Stand sind die Bauern, Hand-
werker will niemand werden, lieber Soldat oder Beamter. Es herrscht Religions-
freiheit; in Belgrad besteht auch seit 1854 eine protestantische Gemeinde. Jedoch
hängen die Serben sehr an der griechischen Kirche; Klöster gibt es aber nur wenige;