1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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I. vorderafien.
§ 511. Die wichtigsten Orte Arabiens, die heiligen Städte im Sb., Medina und
Mekka (die kein Nichtmoslim betreten darf), liegen in der Landschaft H e d s ch a s, die
unter der Oberhoheit der Türkei steht, wie südlich Asir und Jemen° (seit 1873) und
der Küstenstreifen El Hasa auf der Ostküste (seit 1871), im ganzen 625 000 qkm mit
Mill. E .*) Eine Hanptstadt kann Arabien nicht haben, dagegen ist Mekka die heiligste
Wallsahrtsstadt der ganzen mohammedanischen Welt, wegen der Kaaba und als Geburts-
stadt des Propheten; zwar mit nur 45000 E. (worunter 4000 Abessinier und schwarze
Sklaven), die, bei der Lage der Stadt in einem engen kahlen, zur Tehama (Küstensaum)
geöffneten Sandthale, allein vom Wallfahrerhandel und Betrug, in Unglauben und Sitten-
losigkeit leben; aber zur Zeit der Pilgerkarawanen (Hadsch), die in den heiligen 3 bis
4 Monaten aus allen Enden der Alten Welt, von Belgrad bis Südafrika, und von Marokko
bis Java, mit vielen tausend Kamelen wie auf Schiffen von Singapur und Algier zum
großen Heiligtum des Islam **) wallfahren und zugleich Handel treiben, sind es hundert-
tausende. Viele müssen in dem mörderischen Klima ihr Leben lassen, sterben freilich als
Heilige; nach der Wallfahrt sind die Lager bedeckt mit Leichen der Kamele. Der Hafen-
ort von Mekka, das reiche Dschidda, liegt 10 M. westlich davon in völliger Sand-
wüste; bisher Hauptseestadt des roten Meeres mit bedeutendem Handel, den jedoch Hodeida
mehr und mehr an sich zieht, hübsch aus Korallensteinen erbaut, mit Evas Grab, 30000 E.
— Medina, mit der Begräbnismoschee Mohammeds ('s-632), eine der schönsten Städte
des Orients und starke Festung (18000 E.), liegt nördlich von Mekka in regenreicher
fruchtbarer Bergebene (1000 m). Ihre Hafenstadt ist Janbo (6000 E.).
Jemen („rechts" — südlich), von sabäischen Stämmen, besonders Himjar,
bewohnt, hat in seinem der Küste näheren Berglande viele regenreiche Wadis mit
gutangebauten Thälern, auch viele Städte und eine Menge burgengekrönter Fels-
kuppen, Feldbau auf den Höhen, Kaffeebau mit alten Bewässerungsanstalten; es
ist die reichste Landschaft Arabiens, wo die Rosenbäume fußdicke Stämme bekommen.
Zwar die Hafen- und Haupthandelsstadt, das seit dem Ausschwung von Aden stark
herabgekommene Mochha (daher „Mokkakaffee") liegt auf ganz öder Küste; aber die
schöne alte Hauptstadt Sana (mit 40000 E., darunter 3000 Inden), auf 2000 m hoher
bewäfferter Hochebene, ist mit prächtigen Obstgärten und Weinbergen umgeben, „das
Eldorado Arabiens", als dessen Hafen Hodeida (25000 E.) gilt. Auch Saba lag
hier, wohl im ruinenreichen Marib. Es herrscht da eine solche Menge Ungeziefer, daß alles
in Nachtsäcken, die zugeschnürt werden, schläft.
Das große innere Südland ist Wüste, Sommers völlig menschenleer.
Die ganze lange Südküste, landeinwärts trefflich angebautes Bergland (H a d r a-
maut, „Hof des Todes" ic..), mit gewaltiger, vielleicht 3000 m hoher Gebirgskette,
deren Anwohner noch einen himjaritischen Dialekt sprechen, wird jetzt gemieden wegen
der Strömungen und Brandungen und Stürme, sowie wegen Wildheit und Raub-
sucht der Uferbewohner. Im O. von Aden (S. 606) ist hier der Haupthandelsplatz
und großer Sklavenmarkt M a k a l l a.
Das Bergland Oman im äußersten S.-O., zum Sultanat Maskat ge-
hörend, hat heiße ungesunde Küsten, innen jedoch quellenreiche Oasen, zackige Berg-
reihen (Achdar 3000 m hoch) und fruchtbare Thäler, mit bedeutendem Ackerbau und
*) Die Araber betrachten die Türken als ihre natürlichen Feinde und messen ihnen alle Fehler bei, be-
sonders Raub- und Habsucht, Grausamkeit und Feigheit. Der Türke dagegen behandelt den Araber als Wilden,
als bellenden Hund, den man nicht beachten müsse.
**) Dieses, die Kaaba (Würfel) in der einzigen Hauptmoschee, ist ein Abbild von Gottes Thron, ein
kubischer, 30—40' messender, prachtvoll verhängter, mit Gold und Silber verzierter Granitbau mit einem leeren
Gemache, aber außen mit einem schwarzen von Mohammed eingemauerten Steine, dessen Berühren und Küssen
unter Gebeten Sündenvergebung und das Paradies erwirbt, weil dieser Stein im Paradiese ein Engel war,
auch am Auferstehungstage wieder belebt wird, um beim Weltgerichte als Zeuge für die frommen Pilger auf-
zutreten. Der h. Brunnen, den ein Engel für Jsmael in der Wüste hervorrief, ist nahe dabei (Semsem);
sein Wasser reinigt von allen Sünden und Krankheiten. Ein Gnadenberg (Arafat) liegt 3 M. davon, wo
den Pilgern drei Stunden lang gepredigt wird. Der anbetende Besuch aller dieser h.-Örter prägt erst den Wall-
fahrer zum h. Pilger (H a d f ch i).