1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
persten.
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die Wüste Lut im N. von Kirman, und östlich senkt sich das Becken von Seistan
bis zum Salzsumpf Hamun (380 m, S. 615) herab.
Die wenigen Städte des weiten Landes finden sich nur an den inneren Gebirgs-
rändern der Hochfläche oder in den bewässerten Gebirgsthälern. Hier sucht mau bei Tage
über die heißesten Monate Kühle in den unterirdischen Wasserleitungen, durch die der außer-
ordentlich fruchtbare Boden bewässert wird; bei Nacht schläft über ein halbes Jahr alles
auf den Dächern. In alter Zeit bestand ein ungemein wohlbestelltes unterirdisches Kanal-
system, das durch die vielen Kriege größtenteils vernichtet wurde und unter der jetzigen
Dynastie mehr und mehr zerfällt, so daß Einöde und Dürre immer tiefer auch in die
kultivierteren Gegenden hineinfressen.
Die Tierwelt, die wilde und gezähmte, ist so ziemlich wie in Arabien; das persische
Pferd, durch arabisches Blut verfeinert, ist sehr ausdauernd, das turkmenische sehr kühn.
Viele Maultiere und Kamele. Es erscheinen giftige Wanzen, und die (auch in Arabien
hausenden) weißen Ameisen, die in kurzer Zeit unglaubliche Zerstörungen anrichten.
Persien hat Blei und Kupfer, Türkisse bei Nischapur, besonders aber viele Salze und
noch uuausgebeutete Steinkohlen.
§ 514. Die sehr gemischte Bevölkerung (6 Mill.?) theilt sich hauptsäch-
lich in zwei Stämme. Die Hauptmasse besteht aus den ansäßigen Tadschik
(„Diademträger"), Nachkommen der Perser und Meder, die Ackerbau (Reis, Opium,
Tabak), Gewerbe und Handel treiben, ein wohlgestaltetes, feines, lebhaftes, talent-
volles Volk. Sie gehören zu den feingebildetsten und kunstfleißigsten Orientalen,
geschmeidig, witzig („die Franzosen des Orients"), aber infolge der langen Knechtung
lügenhaft, eitel und verdorben. Die Beamten haben, bei großem Ernst und An-
stand, nur Eines im Auge: Geld zu gewinnen. Dagegen gelten die Parsen oder
Feueranbeter, besonders in Jesd und Kirman (etwa noch 3006 Familien) für un-
verdorbenere, obwohl ungelehrte, redliche fleißige Ackerbauer; die Verständigeren beten
unter dem Symbol des Feuers den Schöpfer an; Reinheit im Denken, Sprechen
und Handeln ist ihr Bestreben. Etwa ein Drittel der Nation (2 Mill.) aber
bilden die halbwilden Wanderstämme der Jlj a t, deren Häuptlinge („Weißbärte")
den kleinen Gemeinden vorstehen und für sie der Regierung verantwortlich sind.
Mit ihren Herden je nach den Jahreszeiten ihre Wohnsitze wechselnd, genießen sie
stets ein gesundes mildes Klima. Fast 200 000 derselben sind Araber, andere
(100 000) Kurden, vielleicht V2 Mill. Turkmenen und Türken im N., die übrigen
Perser mit mehreren Dialekten. Dazu kommen im W. noch Armenier und Nesto-
rianer ca. 50 000, und 16 660 Juden.
Das Neupersische ist eine sehr schöne, wohlklingende und, ähnlich der franzö-
fischen, in Asien weit verbreitete Sprache mit arabischer Schrift. Auch die Perser
besitzen eine Menge berühmter Geisteswerke (Firdusi, Sadi, Hasts), zu denen wenig
Neues zugefügt wird. — Schulen ungefähr wie in der Türkei, auch drei Hoch-
schulen. Übrigens sind die Perser fanatische Schiiten und den Türken und Afghanen
todfeind. Die Geistlichen (Mollahs) sind auch hier sehr mächtig, selbst dem Schah
gegenüber.
Der Schah (König) von Persien führt seine Regierung ähnlich der türkischen,
nur noch despotischer. Überall herrscht Lug und Trug mit Bestechung. Das Heer
ist europäisch organisiert, Kriegsstärke 76 666 Mann disziplinierte Truppen und
36 666 Mann irreguläre Reiterei (Jljats). Die Industrie unter den Tadschik ist
bedeutend und sehr geschickt, besonders in Shawl-, Seide- und Teppichwebereien,
Leder, Färbereien, Waffen, Rosenwasser. Die Perser waren von jeher meerscheu;
der Karawanenhandel ist in den Händen von Armeniern und Jndiern. Täbris,