1884 -
Calw [u. a.]
: Verl. der Vereinsbuchh.
- Autor: Behr, Friedrich, Schwarz, Eduard, Frohnmeyer, Immanuel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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I. Die Nil-Länder.
Sig. 220. Abessinier aus Amhara.
England und Frankreich sich heimlich bekämpften. Es ist eine „verdorrte Christen-
insel im Ozean des Islams und des Heidentums." — Von S. her wanderten die
Galla ein, die sich selbst Orma, d. i.
„starke tapfere Männer" nennen. Der
Name Galla (Gala) soll „Eingewanderte"
bedeuten.
Wo dieses Volk einzureihen ist, läßt sich
nicht sicher sagen. Man rechnet sie etwa mit
den Abessiniern zusammen zu den Bedscha-
Völkern. Ein Mischvolk sind sie wohl, dessen
ursprüngliche Bestandteile aber nicht mehr
zu erkennen sind. Mit den Negern haben
sie nur die Farbe gemein. Sie haben langes
sich lockendes Haar, ziemlich üppigen Bart-
wuchs, regelmäßige und gefällige, eher europäische als semitische Gesichtszüge und gelten
als der schönste Menschenschlag Afrikas. Fast alle, Männer und Frauen, erscheinen be-
ritten auf Pferden oder Ochsen. Ein streitbares, männliches, kraftbewußtes sittenstrenges
und edles Volk, wohnen sie vom 8° N. bis 3" S. Br., teils Heiden, teils Mohammedaner,
teils dem Namen nach Christen. Ihre Zahl wird im ganzen auf 6-8 Mill. geschätzt.
An der Ostküste finden sich die mit ihnen verwandten Danakil, ein wildes, treu-
loses, in feindselige Stämme gespaltenes mohammedanisches Volk, das den Zugang
ins Innere sehr gefährlich macht, mit der elenden Hafenstadt Tadschurra. Im
N. und W. wohnen in den dichten sumpfigen Wäldern der Kolla, von Jagd und
Handel mit Gold und Elfenbein lebend, die Schankalla, d. i. schwarze Wilde.
Tief im S. die G o n g a, vielleicht heidnische Überreste der Urbewohner, wie die
A gau im N. Endlich durch das Land zerstreut, meist in Amhara, die Falascha,
d. h. Juden, die frühe einwanderten (etwa 50000). — Die Abessinier wohnen in
runden Lehmhütten mit spitzem Schilfdache, schmieren sich gern mit Fett und Butter
ein und leben viel von rohem Rindfleisch, weshalb sie durchgängig am Bandwurm
leiden, den sie mit
dem Kosso abtreiben.
— Ausfuhr: Ge-
treide und Hirse,
Salz, Vieh und
Häute, Kaffee,
Goldstaub, Sennes-
blätter, Elfenbein,
Harze und Gewürze.
Statt des Geldes
gebraucht man
5ig. 221. Maria-Theresia-Thaler. . Stücke Bllumwoll-
zeug, Leinwandstreifen und Salztafeln, doch auch Maria-Theresia-Thaler.*)
Einst war Abessinien ein großes'reich, das im Anfang der christlichen Zeitrechnung
sogar Teile von Arabien umfaßte, unter einem König (Negns), der sich später auch Kaiser
nannte und seinen Ursprung von der Königin von Saba herleitete. Seit dem 16. Jahr-
hundert.löste es sich allmählich auf, die Galla drangen von S. ein, wehrten jedoch dem
Andränge der Araber; die Statthalter (Ras) der verschiedenen Staaten erregten fort und
*) Der Maria-Theresia-Thaler (= 4,2 Mk.) ist die in Abessinien und Bornu einzig gangbare
Münze, auch in Nordafrika und Sudan weit verbreitet. Er wird noch immer (mit der Jahreszahl 1780) in
Österreich geprägt.