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1. Lesebuch der Erdkunde - S. 842

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
842 Ix. Das Kaisertum Brasilien. Tapir im Schlamme und flattern große Fledermäuse umher, zahllose Leuchtkäfer er- leuchten die Nacht, während Ochsenfrösche und andere derartige Lurche ihr unheimliches Konzert anstimmen. Jeden Tag wechselt eine Periode der Stille und des Schlafes dieser zahllosen Tierwelt mit der ihres lärmenden Wachens und des tausendstimmigen Geschreis in dieser tiefen Waldwelt. § 657. Das Klima Brasiliens ergibt sich aus der geographischen Lage: Brasilien erstreckt sich über 37 Breitegrade, vom 4° 91. Br. bis in die südliche ge- mäßigte Zone. Der weitaus größte Teil gehört somit der tropischen Zone an. Doch, da keine Schneegebirge und Sandwüsten vorkommen, vielmehr der Urwald dem Boden Feuchtigkeit und Kühle erhält, tritt das Klima nicht in so schroffe Gegensätze auseinander, wie in den Andesstaaten. Überall herrscht mit kleinen Wechseln der Gegensatz der trockenen (und kühlen, April bis Okt., auf dem Gebirge tempo do frio, kalte) und der nassen Jahreszeit (die heiße Nov. bis März, tempo do calore); die größere Wärme des Küstenlandes und der Gebirgsabhänge wird durch regelmäßige Passatwiude vermindert und durch höchst angenehme Abende und frische Nachtluft abgekühlt. Nur auf den Campos (S. 840) herrscht ein schrofferes Klima: scharfe Luft mit Nachtfrösten im Juni und Juli, die selbst den Gewächsen verderblich werden, sogar mit Hagel und Schnee; dagegen Sommers eine Alles dörrende Glut. In den unbebauten Waldstrecken der Küstenzone im Norden von Bahia (den Sertaos) bleibt bisweilen der Regen aus, daß schon ganze Herden und Ernten zu Grunde gingen; in sumpfigen Gegenden stellen sich auch Fieber ein. Ein völlig gleichförmiges Klima wird man in dem weit gedehnten Gebiet natürlich nicht erwarten. Auf dem Waldgebiet des Amazonas lastet drückende Schwüle (durchschnittlich 28 — 29°), die durch die regelmäßigen tropischen Regengüsse nicht vermindert wird. Das brasilianische Binnenland hat ein im allgemeinen gesundes Kontinentalklima mit beträchtlichen Gegensätzen von Sommer und Winter, Tag und Nacht. Die dem Südostpassat vorgelagerten Küstenketten entziehen dem Bergland schon einige Feuchtigkeit, so daß sich vielfach baumlose Savannen aus- breiten. Die Küsten sind feuchter und wärmer als im Westen des Erdteils, aber, so weit sie innerhalb der Tropen liegen, ungesund wie im Westen, besonders seit in den letzten Jahrzehnten Cholera und gelbes Fieber auch hieher den Weg gefunden haben. Jenseits des Wendekreises dagegen beginnen durchaus gesunde, für europäische Einwanderung besonders geeignete Distrikte. Die Natur entfaltet in Brasilien ihren größten Reichtum: Brasilien ist das er- giebigste Diamantenland, die brasilische Flora die reichste der Erde, herrlich besonders durch ihre Palmenwelt, ihre Nutzhölzer (wie das Rotfärbholz, das dem Land den Namen gab), kostbare Heilmittel und Balsame (Jpecacuanha, China, Jalappe, Sarsaparille 2c.), Pflanzungen von Kulturgewächsen. Und dem Reichtum des Pflanzenreichs entspricht die Tierwelt, sowohl des Waldes als der Herden. Das niedrige Küstenland und das Tiefland des Amazonenstroms zeigen eine Vegetation, die in der üppigsten Fülle und in riesigen Formen emporstrebt. Ein ewig junger Pflanzenwuchs treibt die B§ume zu maje- stätischer Größe, und selbst aus jedem der riesenhaften alten Stämme ruft die Kraft der Tropen eine neue Schöpfung von Orchideen und andern Schmarotzergewächsen hervor. Unübersehbar ist die Mannigfaltigkeit der Bildungen in Stämmen und Laubkronen, Blüten und Früchten. Im prachtvollen Gewölbe des Walddoms, wie im dichten Grün des Bo- dens, wird man von der unendlichen Fülle der Formen und Farben, der Gattungen und Arten des Pflanzenlebens hingerissen. Viele Gewächse, die bei uns am Boden haften, erheben sich dort zu mannshohen Gattungen, Gräser werden Bäume mit dicken Stämmen und zierlicher Lanbkroue, Lilien bekommen 2—3 m lange Blätter des glänzendsten Grün, *) Die Vögel und Insekten Brasiliens sind ein Handelsartikel geworden.
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