Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lesebuch der Erdkunde - S. 844

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
844 Ix. Das Kaisertum Brastlien. 1817 in einer blutig unterdrückten revolutionären Erhebung in Pernambuco aus. Als dann vollends die politischen Unruhen in Portugal Johann Vi. dorthin zurück- riefen (1821) und die portugiesischen Cortez Miene machten, Brasilien trotz des königlichen Versprechens in die alte Abhängigkeit zurückzustoßen, ließen sich die auf Unabhängigkeit gerichteten Bestrebungen nicht länger eindämmen. Nun war der Sohn des Königs, der in Brasilien blieb, Dom Pedro, besorgt, das Land vor Anarchie zu schützen, berief eine Nationalversammlung und willigte ein, Kaiser von Brasilien zu sein (Dez. 1822). Kaiser Dom Pedro I. gab 1824 dem Reich eine freisinnige konstitutionelle Verfassung mit einer Repräsentantenkammer und einem Senat. Die einzelnen Provinzen haben Provinziallandtage und stehen unter Präsidenten, welche der Kaiser ernennt. An Unruhen hat es seitdem auch in Brasilien nicht gefehlt: schon 1831 hat Dom Pedro I. die Regierung seinem damals 6jährigen Sohn Dom Pedro Ii., der noch regiert, überlassen. Immerhin hat die monarchische Staatsform dem Reich die blutigen Erschütterungen erspart, an welchen die südamerikanischen Re- publiken seit ihrer Befreiung kranken. Von einem blühenden Zustand kann freilich noch lange nicht die Rede sein, so reich die Hilfsquellen sind. Das Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben im Staatshaushalt ist noch nicht erreicht. 1877/78 standen 221 Mill. Mk. Ein- nahmen 302 Mill. Mk. Ausgaben gegenüber. Die Staatsschuld ist durch Kriege, die trotz des kleinen Heers (14000 Mann im Frieden, 32000 Mann Kriegsstärke, jetzt ist allgemeine Wehrpflicht dekretiert) und des siegreichen Ausgangs schon wegen der riesigen Entfernungen sehr kostspielig werden müssen, und durch außerordentliche Ausgaben zur Unterdrückung von Hungersnot in den Nordprovinzen auf 1670 Mill. Mark gestiegen. Die Bevölkerung des ungeheuren Reiches betrug 1872 10108000 E., worunter die wilden Indianer, deren Zahl aus 1 Mill. geschätzt wird, nicht inbe- griffen sind. Die Neger bilden einen sehr bedeutenden Teil der Bevölkerung; übrigens sind die meisten Einwohner Mischlinge. Reine Neger sollen es 2—3 Mill. sein. Sklaveneinfuhr ist seit 30 Jahren verboten; die Zahl der Sklaven vermindert sich rasch, da alle seit 28. Sept. 1871 geborenen Negersklavenkinder frei sind, die Kronsklaven frei gegeben wurden und Fonds zum Loskauf der übrigen gebildet sind. Nur etwa lvs Mill. Neger sind noch Sklaven, sie werden übrigens in Bra- silien nicht hart behandelt. Die Farbe bewirkt in Brasilien durchaus keinen Unter- schied der Rechte und des Ansehens. Jeder Freie, mit Ausnahme der wilden In- dianer, ist zu allen Ämtern und Stellen berechtigt. „Wenn die Schwarzen sich auch gern Senhores Blaneos (Herren Weiße) nennen lassen, wenn das Ebenholz und Kaffeebraun ihrer Haut diese Benennung auch Lügen straft, geben sie doch keine Unterordnung unter den Europäer zu und sind alle gleich stolz darauf, echte Bra- siliauer zu sein. Im Heere dienen Neger als Generale, die meisten Offiziere sind aus gemischtem Blute, Mulatten sitzen im Ministerrate des Kaisers." (Die Ab- kömmlinge von Weißen und Indianern heißen Mamelueos, die von Indianern und Negern Easucos, von Weißen und Negern Mulatos.) Weiße soll es 1^2 Mill. geben, doch ist diese Zahl nnzuverläßig. In den Städten sind die Portugiesen überwiegend; in den großen Seestädten daneben viele französische, englische und deutsche Kaufleute. Die Jnd i an er sind zum Teil zivilisiert und christianisiert oder doch von der Zivili- sation berührt und für Handel und Ackerbau gewonnen. Wilde Indianer finden sich nicht nur in den menschenleeren Ebenen des Amazonas, sondern auch sogar in
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer