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1. Der geographische Unterricht - S. 34

1879 - Grimma : Gensel
— 34 — Wir heben aus den Vorlesungen über „Allgemeine Erdkunde" folgenden Passus hervor: „ In Beziehung auf ihre vernunftbegabten Bewohner ist die Erde nicht nur der Boden, die Wiege, der Wohnort, fondern auch das Erziehungshaus, die große Erziehuugsanstalt des Menschengeschlechts. Dies geht für deu Forscher aus der Geschichte der Menschheit auf das entfchie- denste hervor. Für die Erde als Planet eröffnet sich außer dem Natur- dasein hierdurch aber eine weit höhere Bestimmung: ihr Einfluß auf die geistige Welt. Diese ethische, d. h. sittliche Bestimmung zeichnet den Erd- körper charakteristisch aus vor allen andern uns bekannten Körpern der söge- nannten uuorganisirten und der organischen Naturen. Nur der Mensch hat noch den Vorzug seiner ethischen (sittlichen) Bestimmung, die wir bei Thier und Pflanze vermissen oder doch nicht nachweisen können. Nur dem menschlichen Körper, der Menschengestalt, ist also noch derselbe analoge ethische Charakter mit der Erde gemeinsam. Aber jedesmal nur für ein Individuum und ein menschliches Lebensalter; der Erde aber, die immer Jahrtausende fortbesteht, dauert die ethische Bestimmung auch sür alle Judi- vidueu auf ihr und für alle Lebensalter der Völker fort — bis auch dereinst die Erde selbst das Ende ihres Daseins und ihr uns unbekanntes Ziel erreicht haben wird! Einer solchen höheren Bestimmung gemäß mußte die Erde von ihrem Entstehen und Werden an auch eingerichtet, also höher organisirt sein.--Die Erforschung der Verhältnisse diefer höheren Organisation, ihrer Gesetze und Erscheinungen, muß natürlich einen wesentlichen Theil unserer geographischen Wissenschaft ausmachen.--Wie jeder Mensch in seinen Lebensperioden die zeitlich verschiedenen Stusenalter der Weltge- schichte durchlaufen muß als Kind, Jüngling, Mann und Greis, so ist Jeder im Räumlichen und Leiblichen auch der Spiegel seiner Erdloealität. Der Bewohner des Nordens und Südens, des Orients und des Oecideuts, der Aelpler von seinem Berglande Tyrol's, der Bataver von seinem Tiefboden Hollands: jeder Mensch ist der Repräsentant seiner natürlichen Heimath, die ihn geboren und erzogen hat. In den Völkern spiegelt sich ihr Vaterland ab. Die örtlichen Einwirkungen der Landschaften auf die Charakteristik ihrer Bewohner, bis auf Gestalt und Körperbau, Schädelbildung, Farbe, Temperament, Sprache und geistige Entwickelung sind unverkennbar. Daher die unendliche Mannichsaltigkeit in den Erscheinungen, wie in den Bildungen und Charakteren, so auch in den Bestrebungen der Völker." ^) 3. Karl Ritter ist als derjenige anzusehen, welcher die oben ange- deuteten beiden Hauptfehler der früheren geographischen Methode beseitigte und somit der Schöpfer einer neuen geographischen Schule wurde. In allen seinen Schriften fncht er dem physischen Momente zu dem ihm gebührenden Rechte zu verhelfen, überall stellt er dasselbe als Basis alles erdkundlichen Unterrichtes hin, und stets weist er den organischen Zusammenhang und die innere Wechsel- beziehnng der verschiedenen geographischen Elemente der Erd- räume nach, iusbesoudre den Einfluß der Erde auf ihre Be- wohner, die Bedeutung uusres Planeten als eines großen Erziehungshauses für das Menschengeschlecht. a. Jedoch ist neben Ritter auch Alexander von Humbllldt (geb. 1769, f 1859) als Mitbegründer der neueren Erdkunde zu nennen. Er 1) Ritter, Allgemeine Erdkunde 12 —15.
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