1879 -
Grimma
: Gensel
- Autor: Oberländer, Hermann
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der Benutzung dieser und der natürlichen (Flüsse, Meeresströmungen, Ge-
birgspässe) zum Waarentransport, bei der Errichtung industrieller Etablisse-
ments (Fabriken, Mühlenic.), welche die Wasserkraft benutzen und an einem
für den Waarenabsatz günstigen Orte angelegt sein wollen — überall müssen
die omographischen und hydrographischen Verhältnisse der betreffenden Räum-
lichkeiten wohl berücksichtigt werden.
Die Terrainbeschaffenheit erweist sich namentlich auch in strategischer
Beziehung einflußreich auf die Handlungsweise und die Schicksale der
Menschen. Wenn irgend ein Erdraum zum Kriegsschauplatze wird, dann
ist von den heerführenden Häuptern die horizontale und verticale Gliederung
desselben, sowie seine hydrographische Gestaltung auf's genaueste zu berück-
sichtigen. Die geringste Schlucht oder Bodenanschwellung, der kleinste Bach
oder Fluß, das aus den ersten Blick unbedeutend erscheinende Wäldchen oder
Dörfchen — alles dies darf den Heerführern durchaus uicht unbedeutend
und geringfügig erscheinen; denn alles dieses kann — je nachdem es bei den
verschiedenen strategischeu Operationen benutzt wird — tonangebend und be-
stimmend für den Ausgang und Erfolg derselben auftreten und so mittelbar
die Geschicke der Nationen, das Wohl und Wehe Tausender bestimmen.
Darum sind die großen Feldherren der Neuzeit in der Regel auch gute
Geographen.
Ritter*) hebt mit Recht hervor, daß die vergleichende Geographie
auch eine Schule der Staatswissenschaft und Volkswirtschaft
werden könne. Während der Historiker nur einen Blick vom Schicksal der
Völker auf das Land zurückwirft, geht der Geograph vou der Natur des
Landes aus und thut die erusteu Fragen an das Schicksal der Völker.
Was müßte, was könnte das Land uuter den gegebenen Umständen für fein
Volk sein und werden? Und was ist es für den Staat geworden? Was
bleibt in Anbetracht der Natnrverhältnisfe des Landes für den Staat und
seiner Bevölkerung Ausbildung und Glück zu thun übrig?2)
1) Ritter, Allgem. Erdk. 15. — 2) So macht z. 33. der Professor Rob. v.
Schlagintweit („Globus", Band Xii. Lieferung 1) darauf aufmerksam, wie
das Himalaya-Gebiet vermöge seiner natürlichen Beschaffenheit für Culturbe-
strebungen noch ausgenutzt werden kann. Das heilkräftige Himalaya-Klima könnte
Tausenden von Leidenden Genesung bieten, und so ist der klimatologifchen Medicin
im Himalaya ein weites Feld ihrer segenspendenden Thätigkeit eröffnet. Wenn auch
schon Gesundheitsstationen im Himalaya existiren, die sich unschätzbar für jene
Europäer erwiesen haben, deren Gesundheit durch einen längeren Aufenthalt in
dem heißen Klima des tropischen Indiens geschwächt worden war, so ist doch die
Zahl dieser Stationen gegenwärtig noch eine geringe, und sie kann in Zukunft
nach Bedürfniß beliebig erweitert werden. Der fruchtbare Boden der Gebirgs-
abhänge ermöglicht ferner die Anlage von Theeplantagen, Weinbergen, Tabaks-
fabriken n. f. w., uno die ausgedehnten Waldungen, in denen zur Zeit ungezählte
Tausende der schönsten Stämme vermodern, könnten unermeßliche Schätze von
Bau- und Nutzholz darbieten, wenn nur die Mittel vorhanden wären, die gefällten
Stämme aus den höheren Theilen des Gebirges in die niederen zu bringen. Der
englischen Regierung ist, je mehr sie Theile dieses Gebirgslandes unter ihre directe
Herrschaft bringt, genug Gelegenheit geboten, die Hindernisse zu entfernen, die sich
dem Aufblühen eines Kulturlebens im Himalaya-Gebiet entgegenstellen. — Und
wie ließe sich Brasilien für Culturbestrebungen ausbeuten mit seinen Schätzen
über und unter der Erde! Hier ist der brasilianischen Regierung ein weites Feld
volkswirthschastlicher Wirksamkeit eröffnet. — „Es giebt geologische Bodenconsti-
tutiouen, die sich, um productiv zu sein, nur zum Waldbau eignen, und die den-
noch als Feld benutzt werden, während anderwärts noch Holz auf sehr geeignetem