1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: ,
- Hrsg.: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sehr, und selbst wenn alle sich zurückgezogen zu haben schienen, konnte
man sicher sein, sie durch die Behandlung eines kupfernen Kessels als
Trommel von allen Seiten zu musikalischem Genüsse herbeischwimmen
zu sehen. Giuseppe hatte leider nicht dasselbe harmlose Vergnügen an
ihren Spielen, sondern sendete einem derselben eine Kugel in den
mächtigen, aufgesperrten Rachen. Zum Tode getroffen, zog sich das
arme Tier in das ferne Schilf des Wassers zurück, und die heitere
Gesellschaft verschwand. Erst nach eingebrochener Nacht kamen die
sonderbaren Ungeheuer ans Land, und ich wurde nicht müde, soweit
es die Dunkelheit gestattete, diese Reste einer früheren Schöpfungs-
Periode mit ihren langen, niedrigen, mächtigen Körpern und plumpen
Köpfen zu beobachten, wie sie gleich vorweltlichen Schweinen auf der
Wiese herumgrunzend ihrer Nahrung nachgingen und, aufgestört, mit
einer bei ihren schwerfälligen Körpern und ihren kurzen Beinen fast
unglaublichen Geschwindigkeit dem Wasser zueilten.
Die Bewohner Ngigmis zögerten ihrerseits ebenfalls nicht, ihre
Neugierde zu befriedigen. Besonders die Frauen kamen und gingen
mit großer Regsamkeit und hatten bald einen lebhaften Markt in
unseren! Lager geschaffen. Sie boten Hühner, Zwiebeln, getrocknete
Fische, Milch, sowohl frische als säuerliche und eingedickte, Erdnüsse,
schlechte Wassermelonen, Tabak, flüssige Butter, Baumwollsamen,
Südknpfeffer, Duchn, Indigo u. dgl. feil, zu Preisen, die nach unseren
Begriffen beispiellos billig, nach dortigen Verhältnissen ziemlich teuer
waren. In Erwartung der Mahlzeiten und Gastgeschenke an Rindern
und Schafen von feiten de$ Kazelma begnügten sich die Glieder der
Karawane damit, ihrem Fleischbedürfnisse durch den Ankauf von
Hühnern Rechnung zu tragen, von denen das Stück ein halbes Dutzend
Glasperlen oder drei bis vier Nürnberger Stopfnadeln kostete.
Die Männer waren von dunkler Hautfarbe verschiedener Intensität,
die meist etwas ins Rötliche spielte, schlank und wohl gewachsen, und
erinnerten mich durch ihre oft recht wohlgebildeten Gesichter vielfach
an die Tubu-Physiognomien. Sie waren meist barhäuptig, trugen aber
auch nicht selten ein Käppchen aus meist blaugefärbtem Baumwollstoff
und kleideten sich in das gewöhnliche, aus dreifingerbreiten Streifen zu-
sammengenähte Bornügewand, für das sie ebenfalls die dunkelblaue
Jndigofärbung vorzuziehen schienen. Die Frauen waren schlank, doch
von runderen Formen und weicheren Gesichtszügen als die Vertreterinnen
des schönen Geschlechts in Tibesti, und ihre Hautfarbe hatte ebenfalls
einen rötlichen Schimmer. Sie hatten die beiden oft erwähnten Schals
um Schultern und Hüften geschlagen und trugen das Haar auf der
Höhe des Kopfes in dünne, kurze Flechten geordnet, während die
Schläfen und der größere Teil des Hinterhauptes sauber rasiert waren.
Der Kazelma, welcher früher die höhere Stellung eines Chefs
von Ngornu, der zweitgrößten Stadt des Reiches, inne gehabt hatte.