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1. Lektüre zur Erdkunde - S. 128

1912 - Leipzig : Wunderlich
— 128 — zeit es war, an sich schon ein Förderungsmittel der Gesittung, näherte sie durch den Handel frühzeitig den Mittelmeervölkern und trug zur beschleunigten Reife ihrer Zustände bei. Etwas Ahnliches besaßen die Uferbewohner der Nordsee und noch mehr der Ostsee in dem Bernstein. Der Bernstein muß frühzeitig die Ufer des Mittelmeeres erreicht haben, wenn er auch anfänglich nur von Horde zu Horde ausgetauscht wurde. Hätten die Römer sich nicht als Eroberer schon an den Mündungen der Weser und Ems gezeigt, und hätte nicht Drusus schon seine Schiffe bis zur Nordspitze von Jütland vordringen lassen, gewiß würde der Bernstein allein die Mittelmeer- kultur nach dem Norden zu ziehen vermocht haben; unternahm doch zu Neros Zeiten (56 n. Chr.) ein römischer Ritter als Festlandsentdecker eine Reise über die Karpathen bis zu den Bernsteinländern Ostpreußens und kehrte mit einer Ladung jener geschätzten Fossilien nach der Haupt- stadt des Erdkreises zurück. Dem Bernstein verdanken wir ganz sicher- lich die Wahrzeichen einer vorzeitigen Kultur an dem Gestade der Ostsee, denn in Beziehung zu ihm stehen die zahlreichen Funde von griechischen und römischen Münzen, sowie von Bronzearbeiten an den baltischen Küsten, jene Metallgeräte dienten aber wahrscheinlich den einheimischen Künstlern als Vorbilder und Muster, so daß es dem Bernstein viel- leicht zugeschrieben werden darf, daß im Norden Europas das Bronze- alter eine erfreuliche Reife zeigt. Wir lernen also als Verbreitungsmittel der menschlichen Gesittung und als Lockmittel für Völkerwanderungen die Seltenheiten und Kost- barkeiten der drei Reiche verehren, und wir gewahren, daß diejenigen Länderräume, die durch den Besitz solcher Schätze begünstigt waren, früher als andere in den Kreis einer höheren Gesittung hineingezogen wurden, so daß der Ortsbewegung der Kultur dadurch vielfach ihre Bahnen vorgeschrieben worden sind. An welche Gesetze die Verbreitung der mineralischen Schätze gebunden ist, davon wissen wir noch sehr wenig, die Kostbarkeiten der Tier- und Pflanzenwelt dagegen sind zwar auf klimatisch begrenzte Zonen beschränkt, aber ihre örtliche Häufig- keit, Seltenheit oder gänzliche Abwesenheit innerhalb der Zonen ihres möglichen Auftretens ist nicht sowohl etwas Gesetzmäßiges als etwas Geschichtliches, insofern sie abhängig erscheinen von dem Ort des ersten Auftretens der Arten, sowie von dem Wanderungsvermögen der letz- teren und den geographischen Hindernissen, welche ihrer Ausbreitung sich widersetzten.
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