1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: ,
- Hrsg.: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der ihm Freiheit und Glauben gegen den mächtigen Frankenkönig
verteidigen half. Im Süden waren e6 die Bayern, die besonders gern
der Zentralgewalt des Reichs Widerpart leisteten, ja bis ins achtzehnte
Jahrhundert traten bayrische Sympathien mit dem stammes- und
glaubensverwandten Habsburgischen Nachbarstaat so stark hervor, daß
ein Anfall Bayerns an Osterreich nicht ganz ausgeschlossen schien. In
letzter Stunde siegten aber doch die realen Interessen, wie sie schon vor
der Gründung des neuen Reichs im preußischen Zollverein, 1866 in der
Zollvereinigung des Norddeutschen Bundes mit den süddeutschen Staaten
zum Ausdruck kam. Ganz deutlich verrät sich die Bedeutung von natür-
lich gegebenen Verkehrsbezirken für Vereinheitlichung der gesamten
Lebensziele ihrer Bewohner, folglich für die allergesundeste Anbahnung
staatlichen Zusammenschlusses darin, daß die beiden großen Verkehrs-
Hälften Mitteleuropas, die wir im antiquierten großdeutschen Sinn die
norddeutsche und die süddeutsche nennen mögen, sich abspiegeln in der
Staatengeschichte durch alle Jahrhunderte von Armins und Marbods
Tagen her. Die für die Staatenkarte der Gegenwart entscheidende Los-
gliederung der Niederlande und Belgiens einerseits, der Schweiz und
Deutsch-Österreichs andererseits vollzog, sich eben deshalb als eine rein
norddeutsche, bezüglich rein süddeutsche, weil es überhaupt bei Aus-
bildung der Teilstaaten Mitteleuropas nie eine dauernde Überschreitung
der nord-süddeutschen Wende gegeben hat, die sich längs der Sudeten
und des Erzgebirges zur Mainquelle hinzieht, um dann auf der Wasser-
scheide zwischen Main- und Wesergebiet sich dem Rhein zu nähern, die
Pfalz Süddeutschland zuzuweisen. Auch der in unserem Reich am
meisten fühlbare Gegensatz ist der zwischen der nord- und süddeutschen
Staatengruppe.
Zum Glück ist er nicht so wesentlich verursacht durch die leise an
Rassenhaß gemahnende wechselseitige Abneigung verschieden begabter
Stämme, wie fast allgemein geglaubt wird. Zwar sind Schwaben und
Bayern fast ausnahmslos nur in Süddeutschland heimisch, Franken
dagegen wohnen vom preußischen Rheinland bis in die Pfalz, ja sie
siedeln seit mehr als tausend Jahren sowohl an der lothringischen
Mosel wie im gesegneten Mainland. Nein, der Abstand unseres Deutsch-
tums in Süd und Nord wurzelt wahrlich nicht in Blutsfeindschaft.
Sind doch die Germanen der Südhälfte Mitteleuropas allesamt erst
aus Norddeutschland als echte Brüder der blondhaarigen Norddeutschen
eingewandert! Mit einer Menge kleiner Absonderlichkeiten in Mundart
und Gebräuchen hat sich allerdings auch ein gewisser Antagonismus
gegen norddeutsches Wesen dort im Süden allmählich festgewurzelt; im
näheren Verkehr mit Schwaben und Bayern als mit Norddeutschen sind
auch die Mainfranken, so zweifellos sie ihrer Herkunft nach dem nord-
deutschen Frankenstamm angehören, zu Süddeutschen geworden. Aber
ist es nicht ein bedeutungsvoller Zug im Leben unserer Nation, daß am