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1. Lektüre zur Erdkunde - S. 132

1912 - Leipzig : Wunderlich
— 132 — der ihm Freiheit und Glauben gegen den mächtigen Frankenkönig verteidigen half. Im Süden waren e6 die Bayern, die besonders gern der Zentralgewalt des Reichs Widerpart leisteten, ja bis ins achtzehnte Jahrhundert traten bayrische Sympathien mit dem stammes- und glaubensverwandten Habsburgischen Nachbarstaat so stark hervor, daß ein Anfall Bayerns an Osterreich nicht ganz ausgeschlossen schien. In letzter Stunde siegten aber doch die realen Interessen, wie sie schon vor der Gründung des neuen Reichs im preußischen Zollverein, 1866 in der Zollvereinigung des Norddeutschen Bundes mit den süddeutschen Staaten zum Ausdruck kam. Ganz deutlich verrät sich die Bedeutung von natür- lich gegebenen Verkehrsbezirken für Vereinheitlichung der gesamten Lebensziele ihrer Bewohner, folglich für die allergesundeste Anbahnung staatlichen Zusammenschlusses darin, daß die beiden großen Verkehrs- Hälften Mitteleuropas, die wir im antiquierten großdeutschen Sinn die norddeutsche und die süddeutsche nennen mögen, sich abspiegeln in der Staatengeschichte durch alle Jahrhunderte von Armins und Marbods Tagen her. Die für die Staatenkarte der Gegenwart entscheidende Los- gliederung der Niederlande und Belgiens einerseits, der Schweiz und Deutsch-Österreichs andererseits vollzog, sich eben deshalb als eine rein norddeutsche, bezüglich rein süddeutsche, weil es überhaupt bei Aus- bildung der Teilstaaten Mitteleuropas nie eine dauernde Überschreitung der nord-süddeutschen Wende gegeben hat, die sich längs der Sudeten und des Erzgebirges zur Mainquelle hinzieht, um dann auf der Wasser- scheide zwischen Main- und Wesergebiet sich dem Rhein zu nähern, die Pfalz Süddeutschland zuzuweisen. Auch der in unserem Reich am meisten fühlbare Gegensatz ist der zwischen der nord- und süddeutschen Staatengruppe. Zum Glück ist er nicht so wesentlich verursacht durch die leise an Rassenhaß gemahnende wechselseitige Abneigung verschieden begabter Stämme, wie fast allgemein geglaubt wird. Zwar sind Schwaben und Bayern fast ausnahmslos nur in Süddeutschland heimisch, Franken dagegen wohnen vom preußischen Rheinland bis in die Pfalz, ja sie siedeln seit mehr als tausend Jahren sowohl an der lothringischen Mosel wie im gesegneten Mainland. Nein, der Abstand unseres Deutsch- tums in Süd und Nord wurzelt wahrlich nicht in Blutsfeindschaft. Sind doch die Germanen der Südhälfte Mitteleuropas allesamt erst aus Norddeutschland als echte Brüder der blondhaarigen Norddeutschen eingewandert! Mit einer Menge kleiner Absonderlichkeiten in Mundart und Gebräuchen hat sich allerdings auch ein gewisser Antagonismus gegen norddeutsches Wesen dort im Süden allmählich festgewurzelt; im näheren Verkehr mit Schwaben und Bayern als mit Norddeutschen sind auch die Mainfranken, so zweifellos sie ihrer Herkunft nach dem nord- deutschen Frankenstamm angehören, zu Süddeutschen geworden. Aber ist es nicht ein bedeutungsvoller Zug im Leben unserer Nation, daß am
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