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1. Lektüre zur Erdkunde - S. 138

1912 - Leipzig : Wunderlich
— 138 — fortschritt dieses Raumes vor allem, gar nicht bloß der politischen Vorrangstellung Preußens ist es beizumessen, daß das Schwergewicht des neudeutschen Reiches im Nordosten liegt. Bis tief ins Mittelalter konzentrierte sich das geistige Leben, das Aufblühen größerer Gemein- wesen hauptsächlich auf dm Südwesten Deutschlands. Nunmehr ist die Pflege von Kunst und Wissenschaft bis in unsere östlichsten Grenz- marken vorgedrungen, und große wie mittlere Städte sind über unser ganzes Tiefland verteilt. Sie ordnen sich namentlich in drei Reihen. Eine verfolgen wir von Aachen über Leipzig bis ins Vorland der Sudeten; sie hält sich in der Nähe des Gebirgsfußes, wo der Boden der Niederung tonhaltiger, deshalb fruchtbarer ist, und nutzt den Markt- vorteil aus, wie er sich überall darbietet durch den Erzeugungsgegen- satz zwischen Gebirge und Ebene. Eine zweite fällt in die große mittlere Verkehrsachse, die zugleich ein Stück der gesamteuropäischen von Paris über Moskau ausmacht: sie besteht vorzugsweise aus Brückenorten wie das steinalte, doch ewig jugendfrische Köln, Hannover, Magdeburg, das natürliche Hauptzentrum des Verkehrs der Nordostniederung Berlin, ferner Frankfurt a. O., Posen. Die dritte befaßt die Küstenstädte, die erst durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal an einen einheitlichen, rein deut- schen Schiffahrtsweg gelangten. Sie waren zum guten Teil schon zur Hansezeit Deutschlands Stolz als Organe seines Überseehandels nach England, Skandinavien, Rußland. Bei vorzugsweiser Richtung dieses Seeverkehrs über das Baltische Meer mußte Lübeck das Venedig des Hansebundes werden. Nun schaut unser weltumspannend gewordener Handel naturgemäß zumeist gen Nordwest, wo in der innersten Nische des einzigen Weltmeergolfes mit deutschem Küstenanteil das deutsche London durch seine tatkräftige Bürgerschaft zum ersten Handelshafen des europäischen Festlandes entwickelt ward. Was wäre Deutschland ohne Hamburg! Aber wir dürfen hinzufügen: Was wäre Hamburg ohne Deutschland mit seiner riesenhaften Arbeitsleistung, mit seinem machtvollen Reichsschutz! Wir Deutsche im Reich gehören eben zusammen nicht bloß durch uralte oder erst auf diesem Boden geknüpfte Verwandtschaftsbande und eine mehr denn tausendjährige gemeinsame Geschichte, nein vor allem durch unser Vaterland. Das haben wir zu Nutz und Frommen friedlichen Schaffens gemeinsam zu schirmen durch unser starkes Heer, und an der allertreusten unserer Grenzen, an der Küste, durch unsere endlich erlangte, der Kauffahrerflotte unter schwarzweißroter Flagge auf allen Meeren der Welt als Schild dienende herrliche Kriegsflotte. Aber dies Vaterland fordert nicht bloß unser einmütiges Zusammen- halten als die nötige Schutzfeste unseres Daseins. Es heischt auch unsere Dankbarkeit. Ihm danken wir über alle kleinen Stammes- sonderungen hinaus die ernste Zucht zu Arbeit, Sparsamkeit und guter Sitte, den gemeinsamen Pulsschlag eines treuen Herzens.
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