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1. Lektüre zur Erdkunde - S. 141

1912 - Leipzig : Wunderlich
— 141 — sind das Ergebnis einer langen geschichtlichen Entwicklung, auch der deutsche Boden ist es. Als die Römer Deutschland kennen lernten, waren die Werke der Menschen auf deutschem Boden klein und gering. Gerade das bestimmt die bekannten römischen Schilderungen, in denen Deutsch- land als ein Barbarenland von dünner Bevölkerung, wenig Äckern und noch weniger Gärten, gar keinen Weinbergen erscheint. Die natür- liche Landschaft herrschte, weil die Natur noch ungebrochen war; den Boden bedeckten Wald, Heide und Sumpfwiese. Es war die Landschaft, die man heute in den abgelegensten Teilen von Osteuropa und Nord- amerika findet. Die Kultur übte nun ihre Wirkungen in zwei großen Richtungen. Einmal lichtete sie den Wald und engte das Wasser in allen seinen Formen ein, vervielfältigte und vergrößerte die Wohnstätten der Menschen und machte sie dauerhafter, brachte neue Pflanzen und Tiere ins Land. Dann aber bahnte sie unbeabsichtigte Veränderungen an, die von selbst aus den Kulturarbeiten hervorgingen. Mit der Aus- trocknung des Bodens änderte sich das Klima; mit der Einführung neuer Pflanzen und Tiere wurden die Lebensbedingungen der vor- handenen umgestaltet. Wo früher nur Streifen Heideland, Moor oder Sumpfwiese natürliche Lichtungen im überwiegenden Wald bildeten, entstanden durch die Arbeit der Menschen immer weitere waldlose Ge- biete, aus denen die schattenliebenden Pflanzen und Tiere verschwanden, denen das Waldesdunkel Schutz gewährte, und in die „Kultursteppe" wanderten neue Bewohner ein. Wo weite Wälder einst Schutz und Schranken gebildet hatten, klafften nun die Breschen zusammenhängen- der Lichtungen. Ein paar Bären in einem Gebirge wie dem Wetterstein, wo der letzte Bär 1835 erlegt worden ist, ändern kaum das Bild der Landschaft, in der sie ihrer ganzen Weise nach als Staffage nicht stark hervortreten können. Aber es schwebt doch ein ganz anderer Hauch über einem Lande, das noch große Raubtiere birgt. Eine solche Ver- Wandlung der Hochgebirgstäler in Parke voll geputzter Städter, unter denen hilflose Greise und Kinder am stärksten vertreten sind, wie sie etwa im Berchtesgadener Land jährlich weiter schreitet, wäre doch schon im Mühlbachtal der siebenbürgischen Karpathen undenkbar, in dessen oberen Teilen die walachischen Hirten noch heute mit der Flinte ihre Herden gegen Bären und Wölfe schützen. Im Laufe dieser Entwicklung haben sich zu den natürlichen Unter- schieden des deutschen Bodens und des Himmels über deutschen Landen Schattierungen geschichtlicher Art gelegt. Wenn über keinem Teil eines Landes von zweiundneunzig Einwohnern auf einen Quadratkilometer mehr die tiefe Einsamkeit einer nordamerikanischen Landschaft schweben kann, die den fünften oder zehnten Teil dieser Bevölkerung auf gleicher Fläche trägt, so bleiben doch noch Unterschiede übrig. So allein, wie man mit Himmel, Wald und Wasser jetzt noch in manchen Teilen der Alleghanies eine Viertelstunde von einem Riesenhotel ist, kann man bei
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