1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: ,
- Hrsg.: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 190 —
Römerzeit niemals ganz unterbrochen worden ist und die Bevölkerung
zur arbeitsamsten, geschicktesten und gebildetsten des Mittelmeeres er-
zogen hat. Wenn auch der Getreidebau viel zu wünschen übrig läßt,
die Besitzverhältnisse zum Teil sehr unglückliche sind, so ist doch der
Gartenbau — wozu auch die Seidenkultur Oberitaliens zu rechnen
ist — zu einer solchen Stufe der Intensität entwickelt, wie in keinem
andern Mittelmeerlande. Dazu kommt die günstige Verkehrslage und
die ansehnliche Industrie, die von keinem Lande unseres Gebietes er-
reicht wird. Italien nimmt daher, als Glied der modernen europäischen
Vollkultur, eine Ausnahmestellung im Mittelmeer ein. An seiner hohen
Volksdichte beteiligen sich sowohl Ober- als Unteritalien und Sizilien;
Mittelitalien steht etwas zurück (88), übertrifft aber auch noch alle
übrigen Mediterranländer.
Demnächst folgt das mediterrane Frankreich (71), unter ähnlichen
Bedingungen wie Italien stehend, dann Portugal (56), das überwiegend
aus Ebenen und Hügelland besteht, und die stark seefahrende Bevölke-
rung der österreichischen Küste (56). Alle übrigen Länder: Spanien,
die Tyrrhenischen Inseln und die Länder der Balkanhalbinsel haben mit
auffallender Übereinstimmung eine Volksdichte von nur 20—40 Ein-
wohnern auf den Quadratkilometer, etwa derjenigen Mittelrußlands
entsprechend. Wenn diese Zahl sehr weit hinter der Mitteleuropas
zurücksteht, so muß man bedenken, daß die hohe Volksdichte des letzteren
wesentlich erst das Ergebnis der industriellen Entwicklung des letzten
Jahrhunderts ist, welche die Mittelmeerländer, außer Italien, nur
wenig berührt hat. Würden wir z.b. nur die heutige landwirtschaft-
liche Bevölkerung Deutschlands oder die Gesamtbevölkerung Deutsch-
lands vor zweihundert Iahren zum Vergleich heranziehen, so kämen
wir zu ähnlichen Zahlen, wie sie uns die letztgenannten Mediterran-
länder darbieten. Da nun aber der angebaute Boden der letzteren viel
geringer ist, zeigt sich darin die größere relative Ertragsfähigkeit des
Kulturbodens am Mittelmeer, sowie die Bedürfnislosigkeit der Be-
völkerung.
Die noch weit geringere Volksdichte der asiatischen und afrikanischen
Mediterranländer — mit Ausnahme Unterägyptens, das, wenn man
nur das Kulturland in Betracht zieht, eine Volksdichte von 244 be-
sitzt — ist die Folge der Steppen, die hier das Kulturland noch mehr
einschränken. So zeigt sich auch in der Volksdichte die Mittelstellung
des Mediterrangebietes zwischen Mitteleuropa und der Wüstenregion. —
Wenn wir uns nun zu einer kurzen Besprechung des Gewerb-
fleißes wenden, so lassen wir das überall verbreitete kleine Hand-
werk beiseite, obwohl es manche interessante Eigentümlichkeiten auf-
weist, und betrachten nur die für die Weltbedeutung der Länder einfluß-
reichen Betätigungen.
An mineralischen Schätzen ist das Mittelmeergebiet keines-