1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: ,
- Hrsg.: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der Rinderreichtum Adamauas, der jetzt nur etwas Vieh über die
Binnengrenzen abgibt, auch unserer Küste Vorteil gewähren.
Eine wichtige wirtschaftliche Frage, die heute die Industriestaaten
der ganzen Welt beschäftigt, ist die Baumwollfrage, und auch hierfür
kommt Kamerun nicht unwesentlich in Betracht. Das regenreiche Nr-
waldstiefland ist allerdings dem Gedeihen jener hochgeschätzten Ge-
spinstpflanze nicht günstig und schließt den Baumwollbau im großen
aus. Dafür betreiben jedoch im gesamten Graslande bis zum Tsadsee,
wo die klimatischen Verhältnisse viel zusagender sind, die Eingeborenen
einen nicht unerheblichen Baumwollbau, dessen Erzeugnisse an Ort und
Stelle für den eigenen Gebrauch verarbeitet werden. Weite Flächen
von Deutsch-Bornu sind ein einziges großes Baumwollfeld. Diese
Baumwolle ist allerdings für den europäischen Gebrauch nicht geeignet.
Kulturversuche, die seit einiger Zeit an mehreren Stellen des Hoch-
landes ausgeführt werden, haben jedoch den Nachweis erbracht, daß
dort auch bessere Sorten gedeihen. Von dem erfolgreichen Ausgang
dieser Versuche wird die Ausbreitung des Baumwollbaues im Hinter-
lande abhängen, der freilich in dem weiträumigen Gebiete ohne die
Voraussetzung geeigneter Transportmittel ebenfalls nicht denkbar ist.
Die Einbürgerung hätte nach dem Vorbilde von Togo am besten in
der Form der sogenannten Volks- oder Eingeborenenkultur zu erfolgen,
deren Förderung um so mehr geboten ist, als Kamerun als echte
Tropenkolonie niemals für eine stärkere Besiedelung durch europäische
Ackerbauer in Frage kommen dürfte. Zwar scheint das Klima einiger
Hochlandsgebiete die Einwanderung weißer Kolonisten nicht auszu-
schließen. Eine Ackerbaukolonisation ist indes aus verschiedenen Gründen
nicht denkbar. Vor allem beginnt die einheimische Bevölkerung sich
seit dem Beginne friedlicherer Zeiten rascher zu vermehren und hat auch
schon die besten Ländereien, die man ihr nicht ohne weiteres wegnehmen
könnte, in eine sehr ausgedehnte Feldkultur genommen. Entscheidend
für eine Besiedelung mit weißen Farmern ist ferner die Frage des
Absatzes der gewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse, und hierfür
ist die unerläßliche Vorbedingung wiederum das Vorhandensein einer
Eisenbahn. Doch muß, wie in allen Tropenländern, so auch in Kamerun
der Eingeborene selbst Eigentümer und Bewirtschafte seines Bodens
bleiben und durch entsprechende Maßnahmen in die Lage gesetzt werden,
größere Ausfuhrwerte zu schaffen, die ihrerseits wieder eine Steigerung
der Einfuhr und damit ein allgemeines Wachsen des Handels unserer
Kolonie nach sich ziehen würden. Jedenfalls muß für Kamerun eben-
falls der Grundsatz gelten: Afrika den Afrikanern, die Afrikaner aber
für uns!
Neben der Urproduktion der Eingeborenen treten die Erzeugnisse
der europäischen Pflanzungen heute noch weit zurück, wenngleich sie
einen unverkennbaren Fortschritt zeigen und von Jahr zu Jahr wach-