1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: ,
- Hrsg.: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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felde, durch welches die Donau aus Deutschland der südosteuropäischen
Halbinsel zustrebt, angezogen werden, also der den Nordrand der Halb-
insel begleitenden Donau zustreben, Nischawa-Morawa, auf der andern
Seite von den thrakischen, einer Fortsetzung des ägäischen Bruchgebiets,
Maritza und Ergene. Diese wichtigste Verkehrslinie der ganzen südost-
europäischen Halbinsel, die Konstantinopel mit Belgrad, dem Hydro-
graphischen Mittelpunkte der ganzen mittleren Donau, verbindet, hat
ungefähr in der Mitte zwischen beiden, um das in die rumelische Scholle
eingesenkte, durch die Jskerschlucht quer durch den Balkan zur Donau
entwässerte Becken von Sofia zu erreichen, zwei Gebirgsschwellen zu
übersteigen, die eine zwischen Nischawa und Isker, die im letzten Kriege
zwischen Serben und Bulgaren umkämpften Höhen von Dragoman
und Sliwnitza, 726 m, die andere zwischen Isker und Maritza, der Paß
von Vakarel 845 m hoch. Die alte römische Heerstraße, deren Pflaster,
wenn auch von den Türken wiederhergestellt, man noch im 16. Jahr-
hundert benutzte, war hier durch Mauer und Tor geschlossen. Der
Pascha von Sofia hat dieses geschichtlich merkwürdige Denkmal, das
von allen abendländischen Gesandtschaften erwähnt wird, 1835 ab-
getragen. Nur ein kleines Tor mit einem Turme ist noch in dichtem
Buchenwalde erhalten. Hier lag die Grenze zwischen Osten und Westen,
zwischen Jlliricum und dem Orient. Auf dieser Diagonallinie haben
sich die römischen Heere, die Heere der Kreuzfahrer und die türkischen
Heere bewegt, welche gegen Ungarn und Mitteleuropa vorrückten.
Wie schon die Römer sie durch Militärstationen gesichert hatten, so
hatten die Türken an ihr Militärkolonien angelegt, mohamme-
danische Inseln im unterworfenen christlichen Lande. Ihr folgt heute
die große internationale Eisenbahnlinie Paris—konstantinopel, eine
Linie, welcher heute aus dem Herzen Europas noch Südosten vor-
dringend, deutsche Gesittung und deutscher Handel unaufhaltsam folgt,
wie sich schon, abgesehen von den mindestens 21/2 Millionen Deutschen
in Ungarn, in den starken, stetig wachsenden deutschen Kolonien in den
Endpunkten Belgrad und Konstantinopel, wie in dem Zwischenpunkte
Sofia ausgeprägt. Wie so auf diesem Landwege aller Verkehr, der
aus dem Donaugebiete und Mitteleuropa nach dem Orient geht, Kon-
stantinopel erreicht, so auch der Verkehr, der sich der Donau als
Wasserstraße bedient. In Kleinasien setzt sich diese Südostlinie in
gleicher Richtung über das allenthalben wegsame innere Hochland nach
der Oasenstadt Konia und den kilikischen Toren fort, dem Über- bzw.
Durchgänge durch den kilikischen Taurus nach Syrien und Mesopo-
tamien: die Linie der durch deutschen Unternehmungsgeist gebauten
sogenannten Bagdadbahn, die Ende 1904 bereits bis an den Gebirgs-
wall des Taurus eröffnet ist, künftig der kürzeste Weg nach Indien.
Konstantinopel wird so in nicht ferner Zukunft der wichtigste Punkt
an einer der wichtigsten Linien des Schnellverkehrs werden.