1914 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Muckle, Philipp
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Baden
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Baden
- Geschlecht (WdK): koedukativ
94
Die einzelnen Landschaften.
Von besonderer Bedeutung ist an einzelnen Orten in der Mitte
des Baulandes der Anbau von Spelz zum Zwecke dergrimkernbereitung.
Diese geschieht in folgender Weise: die Frucht wird halbreif (wenn die Körner
noch ein wenig weich sind) vom Felde heimgeholt. Es werden dann die Ähren ab-
geschnitten und in großen Darröfen, die in besonderen Häuschen außerhalb des
Dorfes eingebaut sind, gedarrt. Als Rost dient eine durchlöcherte, eingemauerte Eisen-
platte, die von untenher durch Holzfeuer erhitzt wird. Sind die Körner fest geworden,
dann werden die Ähren ausgedroschen und die Kerne hierauf in der Mühle „geschält"
d. h. von den noch anhängenden Spelzen befreit. Zum Ankauf des Grüukerus kommen
von auswärts zahlreiche Händler nach den Marktorten (Buchen, Rosenberg, Boj-
berg u. a.).
Die Bereitung des Grünkerns wurde im 19. Jahrhundert erfunden, um iu
einem Mißjahr die durch allzuviel Regeu verderbende Frucht vor den: Untergang
zu retten. Zum Darreu benutzte man anfangs die Backöfen.
Der Verkauf des Grünkerns bildet für die Bewohner mehrerer Orte eine wich-
tige Einnahmequelle.
Der Anbau oon Futterpflanzen dient der ziemlich bedeutenden
Viehzucht, besonders der Zucht vou Rindern und Schweiueu. Ein-
nahmen werden hieraus erzielt durch Verkauf oon Milch und Butter
und oon Schlachtvieh nach den Städten. Die Schafzucht ist zurück-
gegangen, da die Schafe im Sommer fast keine Weide mehr haben.
Früher, als ein Teil des Feldes alljährlich unbebaut liegen blieb, stand
die Schafzucht im Bauland in hoher Blüte.
Die Hühnerzucht ist von zunehmender Bedeutung.
In den milden Tälern findet die Bienenzucht Pflege.
Die Bäche liefern reichlich Forellen, die zum großeu Teil oersaudt
werden.
Der Wald nimmt nur etwa eiu Viertel der Fläche eiu. Er deckt
meist die unfruchtbaren (steinigen) Teile der Hochflächen. Die Bestände
sind Laub- und Nadelwälder, in der Regel etwas gemischt (Buchen und
Kiefern). Doch herrschen die Kiefern vor, die man jetzt auch zur Auf-
forstung unbebauter, steiniger Abhänge mit Erfolg verwendet.
B. Das Gewerbe ist unbedeutend.
a) Neuerdings nahm infolge der zunehmenden Bautätigkeit der
großen Städte die Steinindustrie einen beachtenswerten Aufschwung.
Gewaltige Blöcke eiues im Bauland sehr schönen, etwas grobkörnigen Kalk-
fteins werden zu oft mehr als meterlangen Quadern gesägt, die als Bausteine weithin
versandt werden (Berlin, Hamburg, Amerika). Hauptorte finb- Hardheim im Erftal
und einige Dörfer östlich der Tauber.
Au einzelnen Orten im Neckartal und im inneren Bauland (Seckach)
wird Gips gewonnen. Bedeutend ist die Zementfabrik in Neckarelz,
in der aus Kalkstein Portlandzement hergestellt wird.
Außerdem gibt es im Bauland zahlreiche Ziegeleien und einige
Kalköfen.
b) Die Eisenindustrie hat mit einigen kleineren Unternehmungen
im Neckartal (Gießerei in Neckarelz, Wagenfedernfabrik in Obrigheim)
und an einigen sonstigen Orten sich festgesetzt. Hardheim besitzt eine