1914 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Muckle, Philipp
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Baden
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Baden
- Geschlecht (WdK): koedukativ
114 " Die einzelnen Landschaften.
In zahlreichen Orten am See blüht die Fischerei, die einen jährlichen
Ertrag von über 100000 M. abwirft. Fischgroßhandlungen in Konstanz
besorgen weithin den Versand.
b) Gewerbe und Industrie. Da Bodenschätze fehlen und der weite
Transport die Rohmaterialien (Steinkohle, Eisen) verteuert, so hat das
Großgewerbe nur da Fuß gefaßt, wo vorhandene Wasserkräfte oder die
Verkehrslage seinem Gedeihen günstig waren. Das war der Fall im
Gebiet der Radolfzeller Aach, in Stockach und in Konstanz.
Von der Schweiz und dem 3. Schwarzwald her hat die Textil-
indnstrie hier Eingang gefunden. Spinnereien gibt es in Aach, in
Singen, Trikotwebereien in Engen, Radolfzell und Stockach, eine große
Zelt- und Segeltuchweberei in Konstanz.
Mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Landwirte hat auch die Eisen-
indnstrie sich an einzelnen Orten festgesetzt: Konstanz und Stockach
haben Maschinenfabriken, Radolfzell eine Pumpenfabrik.
In Singen hat die berühmte Schweizer Konservenfabrik Maggi
eine rasch aufblühende Filiale errichtet, die zahlreiche Arbeiter beschäftigt.
Da in der weinarmen Gegend der Hochebene, des Jura und Schwarz-
Waldes Bier ein wichtiges Volksgetränk ist, so sind in Konstanz, Radolf-
zell und anderen Orten (Gottmadingen!) große Bierbrauereien empor-
geblüht, die einen weiten Umkreis mit ihrem Erzeugnis versorgen.
e)Das reizend gelegene Städtchen Überlingen ist wegen seines milden
Klimas und der günstigen Verhältnisse des Sees (Wasserwärme größer
als im Obersee!) zu einem beliebten Badekurorte geworden.
Andere Orte am See, besonders Konstanz, werden im Sommer
von zahlreichen Fremden besucht, die oft längere Wochen zur Erholung
da weilen. Die Schönheit des Sees zieht auch die Maler an, die hier
mancherlei Studien (Farben!) machen können.
7. Volksverteilung.
Die Erwerbsverhältnisse machen es verständlich, daß nur die best-
gelegene Stadt des Seekreises, Konstanz, es zu einer größeren Ein-
wohnerzahl (rund 28000) gebracht hat. Alle übrigen Städte sind Land-
städte mit meist unter 6000 Einw. Die volksreichsten derselben sind
Radolfzell (6011 Einw.) und Singen (8359 Einw.).
Die ländlichen Siedlungen sind meist geschlossene Orte; doch findet sich auch
der Einzelhof noch ziemlich häufig. Wie in Schwaben, so hat auch hier die fränkische
Hofanlage Eingang gefunden.
Im ö. Teil der Hochebene ist die Volksdichte gering (61); größer (102)
ist sie im industriereicheren Westen und bei Konstanz.
Die fast ausschließlich katholischen Bewohner des Seekreises ge-
gehören dem schwäbischen Stamm an.
Die Schwaben am See, spottweise die „Seehasen" genannt, sind
ein fleißiges, ausdauerndes und genügsames Volk voll heiteren und
gemütlichen Sinnes. Ihre Gebräuche und mancherlei Sagen, wie die
vom Poppele von Hohenkrähen, zeugen von gutem Humor und froher
Lebenslust. Fastnacht wird sehr lebhaft gefeiert. (Stockacher Narren-
fest mit Umzug und Narrengericht!)