1914 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Muckle, Philipp
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Baden
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Baden
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Seekreis. 115
8. Besiedlungsgejchichte.
Wie andere nieder gelegene Landschaften (Ebenen, Hügelländer),
so war auch die Umgebung des Sees ein Ort frühester Besiedlung. Schon
zur Eiszeit lebten hier Menschen, die in Höhlen des Jurarandes wohnten
und am Rande der Gletscher das Renntier jagten. In der Stein- und
Bronzezeit bauten spätere Bewohner, wohl zum Schutz gegen feindliche
Menschen und Tiere, ihre hölzernen Hütten auf Pfählen in den See
hinein. Am Ufer des Boden- und des Mindelsees hat man über 50 Über-
reste alter Pfahlbaudörfer entdeckt.
Die Pfahlbaubewohner trieben Feldbau, Viehzucht, Jagd und Fischfang. Als
Boote benutzten sie den durch Feuer ausgehöhlten „Eiubaum". Sie verstanden man-
cherlei Gewerbe, wie die Weberei und Flechtkunst, die Töpferei, den Bronzeguß und
später auch die Schmiedekunst.
Auch die Kelten, die eine höhere Kultur hierherbrachten, wohnten
zum Teil noch in Pfahlbauten. Auf den Hegauer Kegelbergen legten
sie befestigte Zufluchtsstätten an. Der Name Hewen kommt Wohl vom
keltischen keven (^ Bergbuckel); und Hegau bedeutet soviel als Heweugau.
Im harten Kampf mit den Kelten (Seeschlacht auf dem Bodensee)
wurde kurz vor Christi Geburt der Seekreis von den Römern erobert.
Die Römer legten großen Wert auf den Besitz dieses Gebietes, das sie
im späteren Kampf mit den Alemannen am zäheften verteidigten und
am längsten (bis ins 4. Jahrhundert) in ihrem Besitz zu erhalten ver-
mochten.
Die bedeutendsten der von den Römern am See angelegten Sied-
lnngen waren die an den beiden Enden gelegenen Kastelle Konstanz
(so genannt zu Ehren des Kaisers Konstantins 1. Chlorus) und Bregenz
(Brigantium), der Hafen der römischen Kriegsflotte. Eine römische
Heeresstraße führte vom See über die Baar und den Schwarzwald nach
der Garnison Straßburg (vgl. S. 80).
Unter den Alemannen fand das Christentum hier Eingang.
Konstanz wurde 553 Bischofssitz und blieb es bis zum Beginn des 19. Jahr-
Hunderts. Etwa 150 Jahre später gründete der hl. Pirmin das Kloster
Reichenau, das im Mittelalter durch seine Leistungen auf Wissenschaft-
lichem und künstlerischem Gebiet (Baukunst, Malerei, Holzschnitzerei),
auch durch seinen Rebbau hochberühmt war. Gerne hielten sich die
karolingischen Kaiser am See auf (Kaiserpfalz Bodmann); einer der-
selben (Karl der Dicke) liegt in der Klosterkirche zu Reichenau begraben.
Mit Erlaubnis des Abtes von Reichenau gründete um 850 u. Chr.
Ratold (vorher Bischof von Verona) in einem benachbarten Fischerdorf
eine Kirche und eine Zelle. Daraus entstand Radolfzell.
In der Zeit des Rittertums bauten Ritter ihre Burgen auf die Kegelberge des
Hegaus. Die festeste derselben war der Hohentwiel. Außerdem gab es aber auch uoch
eine Anzahl (30) andere Burgen. Die Hegauer Ritterschaft bildete einst einen mächtigen
Bund, einen Ritterkanton, dessen Hauptort Radolfzell war.
Als dann das Städtewesen sich entwickelte, da wurde Konstanz die
blühendste unserer badischen Städte im Mittelalter.
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