1917 -
Leipzig
: Klinkhardt
- Autor: Jentzsch, Walther, Holdegel, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
vor allem aber durch die Erschließung der reichen Salpeterlager für die Republik
die wichtigste Linnahmequelle geworden. Die ungeheure Bedeutung, die der
Chilisalpeter als künstliches Dungmittel für die europäische und vor allem für
die deutsche Landwirtschaft erlangt hat, geht daraus hervor, daß auf den
Salpeter allein drei viertel der chilenischen, 230 Millionen Mark ausmachenden
Gesamtausfuhr kommen, und daß hierfür wiederum Deutschland der Haupt-
abnehmer ist. Trotzdem befinden sich fast alle Salpeterminen Chiles in eng-
lischeu Händen. Bis im ersten viertel des Jahres 1893 die chilenische Regierung
ausgedehnte Salpeterlager versteigerte, hat leider die Unternehmungskraft des
deutschen Kapitals, das hier sich und der Heimat eine riesenhafte Einnahmequelle
hätte erschließen können, vollständig versagt.
Südlich der Minenzone erstreckt sich die Ackerbauzone der nördlichen Hälfte
Chiles vom 32. bis 40. Breitengrad. Deutsche befinden sich in ihr fast nur
in den Städten als Xaufleute, Lehrer, Arzte und Handwerker, während das
angebaute Land dem alteingesessenen Großgrundbesitzer (hacendado) spanischer
Herkunft und Sprache gehört, hier sind die Hauptstädte, Valparaiso und San-
tiago, die Sammelpunkte für die eingewanderten Deutschen.
Geschlossene deutsche Siedlungen aber sind hier nicht zu verzeichnen, und
das versprengte deutsche Blut droht in fremdem unterzugehen. Nur in den
neugegründeten Städten wie Ternuco, Los Angeles, Victoria und Ercilla ist ein
gewisser Zusammenschluß und die Gründung deutscher Schulen erfolgt. Auch
in ihnen findet sich zahlreich der deutsche Handwerker, der sich von Valparaiso,
Santiago und Toncepcion aus über alle Städte des Landes hin verbreitet hat,
und vor allem der deutsche — Apotheker! Nach chilenischer Auffassung ist der
Deutsche Kraft seiner wissenschaftlichen Gründlichkeit, seiner Ordnungsliebe und
Gewissenhaftigkeit der geborene Apotheker. Die „bvtica alemana" (die deutsche
Apotheke) ist in jedem Städtchen Chiles zu finden.
Während so der Deutsche im nördlichen und mittleren Chile überwiegend
als Vertreter wissenschaftlicher Berufe, als Arzt, Apotheker und Lehrer oder
als Raufmann und Handwerker über das Land hin zerstreut ist, ist Südchile
das eigentliche Siedlungsgebiet des Deutschen geworden, vor allem sind es die
Provinzen Valdivia und Llanquihue, die geradezu ein Neudeutschland in
kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht genannt werden können.
Aus engen, aber wohlgeordneten Heimatsverhältnissen kamen diese
Deutschen in ein so gut wie unerschlossenes Land, das, von den dichter bevölkerten
und staatlich geordneteren Gebieten Nord- und Mittelchiles durch ein kaum
unterworfenes Indianergebiet getrennt, von wildwucherndem, fast nndurchdring-
lichem Urwald bedeckt war. Die beiden einzigen ,,Städte" des Landes, val-
divia und (Dsorno, schon im 16. Jahrhundert gegründet, aber von den Indianern
wiederholt zerstört, waren nur Anhäufungen schmutziger und elender Lehm-
Hütten, in denen eine spärliche Bevölkerung spanischer und indianischer Herkunft
träge dahindämmerte. Das Hauptgebäude Valdivias war das Gefängnis, denn
die Stadt war seit hundert Jahren als Strafkolonie von Nordchile benutzt
worden.
hier setzten nun die deutsche Tüchtigkeit und Ordnungsliebe ein. Den Ein-
wanderern wurde die dem Orte gegenüber im Flusse liegende Insel Tejas zur
Ansiedlung eingeräumt. Die Wälder boten Nutzholz und Gerberrinde, reicher
Viehbestand lieferte die häute, der Fluß mit schiffbaren Zuflüssen konnte vom
Seehafen Coreal bis Valdivia mit Seeschiffen befahren werden. Auf diesen