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1. Deutschland - S. 82

1886 - Breslau : Hirt
82 ist eben nicht so einfach. Nur so viel sei gesagt, daß die mächtigen Kreuzgewölbe des Innern nicht nur auf den Pseilern inwendig aufruhen, fondern auch von anßen gestützt werden dnrch einen Wald von sogenannten Strebepfeilern. Unter- einander find diese Pfeiler wieder durch Bogen verbunden, und alle diese Massen hat man nicht kahl gelassen, sondern sie sind vielfach durchbrochen ge- arbeitet, mit sogenanntem Maßwerk und Stabwerk wie mit Filigranarbeit über- spönnen, kurz, über und über geschmückt. Der Chor ist von gleicher Höhe wie die Kirche, er schließt rund, und ihm vorgelagert sind sieben niedrigere, viel- eckige Kapellen, daß das Ganze einer Krone mit sieben Spitzen zu vergleichen ist. Schaut man von der Rheinseite her gegen den Chor, dann erscheint er wie ein zerklüftetes Gebirge; beinahe sinnverwirrend kreuzen sich die Linien der Bogen, Giebel und Strebepfeiler, der Fialen und Wimperge, der Krabben und Kreuzesblumen, und doch stellt der ganze Chor eine einzige, fchönge- fchwnngene, deutlich erkennbare Halbkreislinie dar. Eine andere Eigentümlichkeit der reicheren gotischen Kirchen ist die große Zahl der Fenster. Da die Gewölbe, wie angedeutet, von wahrhast riesigen Säulen oder vielmehr Säulenbündeln, die im Innern der Kirche stehen, und außerdem von ebenso mächtigen Strebepfeilern, die außen stehen, getragen und gehalten werden, so dienen die Umfassungsmauern nicht znm Zusammenhalten des Baues, sondern sind bloßer Wandverschluß. So hat man denn die Mauern geradezu durch gewaltige Fenster ersetzt, welche die ganzen Räume zwischen den Strebepfeilern ausfüllen. Sie find in Spitzbogen geschloffen, und ihr oberer Teil zeigt in Steinhauerarbeit wiederum das dieser Bauweise so eigentümliche reiche und reizvolle Linienspiel: da wogen die Kreise und Halbkreise durcheinander wie steinerne Musik. Hohe Spitzgiebel schirmen die einzelnen Fenster. Die Türme endlich zeigen den himmelanstrebenden Zug der Mittelalter- lichen Kunst so stark, wie kein anderes Bauwerk jener Zeit. Sie stehen an den westlichen Pforten, rechts und links, einander völlig gleich gebildet. Ihr Erdgeschoß birgt die drei tiefen, mit Figuren geschmückten Eingangsthüren, welche gleichsam die Arme weit öffnen, die Christenheit zu locken. Mächtige Wimperge (Spitzgiebel) bilden ein schützendes Dach über den Thoren. Fenster von gewaltiger Höhe füllen die folgenden Turmgeschosse; dann fpringt das Viereck in ein Achteck um, an dessen Ecken kleinere Türmchen, Fialen genannt, emporsteigen. Acht Fenster füllen wiederum die einzelnen Seiten des Achtecks. Nun beginnt die Turmspitze oder der Helm. Es ist kein Dach, sondern ein einziger, steinerner Zierat. Sogar das Auge klettert nur mühsam die steilen achtseitigen Helmpyramiden hinan, die mit zahllosen steinernen Kantenblättern (Krabben) wie mit Dornen besetzt sind, und die in ihrer durchbrochenen Arbeit so leicht und schlank und mühelos in das unendliche Himmelsblau hinein- ragen, — bis der Abschluß endlich, 160 in über dem Erdboden, mit der wuch-
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