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1. Europa (mit Ausschluß des Deutschen Reiches) - S. 284

1887 - Breslau : Hirt
284 F. Österreich-Ungarn, Tafel trügt, auf welcher in deutscher und tschechischer Sprache der Name des Ortes zu lesen ist. Die an der Dorfftraße spielenden Kinder mit ihren blon- den Haaren und blauen Augen unterscheiden sich fast nicht von den deutschen Kindern, deren Blond nur ein wenig dunkler ist. Die Bauernhäuser und Kalupen (Hütten) liegen zu beiden Seiten der Straße oder im Kreise um dnen freien Platz herum und sind meist aus ungebrannten Lehmziegeln auf- geführt. Das mit Stroh gedeckte Dach geht tief herab, fetzt sich auf der einen Seite fort und überdeckt eine Galerie (Pawlatfche), welche im Sommer der Familie zun? Aufenthalte dient. Die Ställe und Scheunen liegen vom Wohn- hause abgesondert. So hübsch wie ein idyllisches deutsches Dorf ist demnach ein tschechisches Dorf bei weitem nicht. Auf den Geländern der Brücken in diesen tschechischen Dörfern trifft man in der Regel das Bild des heiligen Nepomuk, aus Blech geschnitten und mit Ölfarbe angemalt. Die Nachkommen jener Männer, die einst die Lehren ihres Huß aufgenommen hatten und für ihren Glauben mutig stritten, sind gnte Katholiken. Ihre Kinder grüßen den Fremden mit dem echt katholischen Gruße: „Gelobt fei Jesus Christus!" und küssen ihm nach altflawifcher Sitte die Hand, Eine eigene Volkstracht findet man bei den tschechischen Bauern nicht, was um so mehr befremden muß, als andere slawische Stämme (Wenden, mährische Slawen) eine solche haben und mit großer Zähigkeit daran festhalten. Tritt man in ein tschechisches Bauernhaus ein, so wird man freundlich und mit jener Gastlichkeit aufgenommen, die den Slawen im ganzen eigen ist. „Schon willkommen, küß die Hand!" lautet die Anrede. Es ist drückend heiß in der Stube, dereu kleine viereckige Fenster durch das überhängende Dach ganz verfinstert werden. Ein Teller mit Salze erscheint auf dem Tische zu- gleich mit einem Laibe Brot und einem Messer, und aus der Schenke wird eine Halbe leidlich guten Bieres herbeigeholt. Mehr ist nicht zu haben. Nur Kartoffeln und Mehl giebt es noch im Hause. Die Leute felbst lebeu von fehr einfacher Kost und genießen meist Mehlspeisen. Auch Kartoffelu sind sehr beliebt. Schnaps vom Dorsjnden und Bier aus der Schenke machen die ge- wohnlichen Getränke des Bauern aus. Kommt aber die Kirchweihe oder ein anderes Fest, dann wird von dem sonst üblichen Hungerleben abgewichen; dann wird der Hühuerhof ausgeschlachtet, und es werden Kolatfchen in staunens- werter Meitge gebacken. Unter Kolatschen aber versteht man rnnde Kuchen mit Käsequark, die mit Safran fchön gelb gefärbt fein müssen. Auch Hörnchen giebt es, sowie Mohnkuchen, die allen slavifchen Völkern eigen sind und sich in Schlesien als „Mohnstriezel" noch aus der slavifchen Zeit erhalten haben. Gegen Leute von besserem Stande ist der tschechische Bauer äußerst unter- würfig. Er zerfließt dem „gnädigen Herrn" gegenüber vor Ergebenheit und „küßt ihm unterthänigst die Hand". Dieses kriecherische Wesen ist anerzogen. 0
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