1887 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Hentschel, Kurt, Märkel
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
82. Hammerfest und das Nordkap.
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nach der Zeit, ttw der erste Lichtstreif im Osten wieder hervorbricht. Mitte
Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen,
dann wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den Unterschied aus, und
im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise am Himmel, ohne jemals unter
dem Horizonte zu versinken. Der einzige Unterschied zwischen Mittag und
Mitternacht besteht darin, daß die Strahlen in letztgenannter Zeit etwas blei-
cher und matter werden, ohne daß sie aushörten, die belebende Wärme zu speudeu.
Kaum wird ein Fremder in Hammersest gewesen sein, der nicht auch
das etwa 32 km entfernte Nordkap besucht hätte, und da die großartige Na-
tur des Polarlandes und die Eigenartigkeit seines Volkslebens von Jahr zu
Jahr mehr Reisende in diese Gegenden lockt, fahren auch die Dampfer wäh-
rend der Monate Juni und Juli, also zur Zeit der Mitternachtssonne, bis zu
dem kleinen Eiland Gjesvär, von wo aus man in einem Boote an die Küste
vou Magerö gelangt.
Die Fahrt von Hammerfest aus ist von ermüdender Eintönigkeit. Kaum
einmal verändert die Küste ihr Ansehen. Eine Mauer nackter und kahler Fel-
sen steigt jäh aus dem Wasser auf, an ihrem Fuße vou Haufen zersplitterter
Felsstücke umlagert, hier und da iu Spalten und Höhlen auseinanderklaffend,
die einer Unzahl von Seevögeln, darunter dem geschätzten Eidervogel, zur Wohn-
stätte dieuen. Die Thalfurchen find fast alle uubewohut und von der Höhe
des Plateaus bis zur See hinab in den Sommer hinein mit Schnee ausge-
füllt. Das Meer ist besät mit Jnselbrocken, den Resten des einstigen, von den
Fluten sortgewaschenen Festlandes. Kaum begegnet nns ein Seeschiff, und nur
die Brandung der Wogen und der Schrei der die Klippen umkreisenden Wö-
wen unterbrechen die lautlose Stille.
Wir erreichen Gjesvär, die letzte Station vor dem Nordkap. Hier iu
grauenvoller Öde, wo keiu Baum wächst, keine Früchte zur Reife kommen und
das letzte schwache Lebeu der Natur vou den Stürmen ausgepeitscht wird, die
aus jedem Winkel des Eismeeres hervorbrechen: auch hier hat der Mensch,
wie der Natur zum Trotze, seine Wohnung ausgeschlagen. Freilich sind es
nur wenige, niedrige Hütten armer Fischer. Denn wie die unermeßlichen
Scharen von wilden Enten, Möwen und Scharben, so nährt sich auch der
Mensch ausschließlich vou den Fischen des Meeres. Znweilen spült ihm wohl
auch eine mitleidige Woge einen Baumstamm, vielleicht ein kostbares Holz aus
tropischen Wäldern, das der Golfstrom mit sich gebracht, an die Küste, um das
Feuer auf seinem Herde unterhalten zu helfen. Von Gjesvär aus führt uns
ein Boot unserem Ziele zu. Wir nähern uns der Westküste von Magerö,
einem kahlen Felsplateau öon 295 m Höhe, das steil zum Meere abfällt.
Von seiner Höhe leuchten einige Schneefelder herab, und Schneemassen lagern
auch in den Spalten und Rnnfen der Felsen. Tausende von Möwen
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