1885 -
Leipzig
: Fues (R. Reisland)
- Autor: Daniel, Hermann Adalbert, Volz, Berthold
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Klima und Vegetation.
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Nonnenberge in Salzburg ist aus Liudeuholz geschnitzt, und der Volks-
glaube behauptet in manchen Gegenden Deutschlands jetzt noch, daß
keine Linde vom Blitze getroffen werde, sowie daß Lindenbast ein
sicheres Mittel gegen Zauberei sei. Unter geheiligten Linden tagte
man früher bei offenem Gerichte, und bekannt ist die Vehmlinde bei
Dortmund, welche noch jährlich sich mit Laub bedeckt, an längst ver-
gangene Zeiten mahnend. Unter einer Linde ist der Held der Nibe-
lnngen, Siegfrid, in sein Blut gesunken, über Klopstocks Grabe zu
Ottensee wölbt sich ein grünes Lindenpaar; denn die Linde ist der
Baum der Auferstehung, der aus dem Grabe der Liebe sein blühendes
Leben treibt. Bon Obstbäumen gedeihen der Kastanienbaum und der
Mandelbaum noch in den am günstigsten gelegenen südwestlichen
Strichen, das Klima ertragen sie selbst in den milderen Gegenden
Norddeutschlands. Der Walnußbaum hat eine viel weitere Verbrei-
tung, und der Maulbeerbaum gedeiht fast überall. Der Weinstock
wird unter günstigen Verhältnissen bis zum 52 0 kultiviert; ein edleres
Gewächs liefert er jedoch nur in den wärmeren Thälern des Rheins
und seiner Nebenflüsse, Neckar, Main und Mosel, ferner am Boden-
see und in der österreichischen Donaugegend. Gute Pfirsicharten reifen
bei Schutz gegen die kälteren Winde in vielen Gegenden, und die
Aprikose giebt noch am Rande der norddeutschen Tiefebene reichen
Ertrag. Die gewöhnlichen Obstbäume, Äpfel, Birnen, Kirschen,
Pflaumen gedeihen überall mit Ausnahme der kältesten Striche, doch
findet sich eigentlicher Obstreichtum in weiterer Ausdehnung erst in
Thüringen, Sachsen und Böhmen. Aber überall macht die Obstkultur
Fortschritte, und Obstbäume verdrängen selbst von den Chansseeen
immer mehr die Pyramidenpappel, „das echte Sinnbild von außen
her aufgedrungener Civilisation, den nniformmäßigen Banm, den man
in Reihen aufmarschieren lassen kann gleich einer Paradeübung von
Soldaten". Unter den Getreidearten gedeihen Weizen, Roggen, Gerste
und Hafer in geeignetem Boden überall und bilden namentlich in
der nordöstlichen Tiefebene den Hauptgegenstand des Ackerbaues; au
Dinkelbau ist man nur im Südwesten gewöhnt. Mais gelangt nur
in den wärmeren Strichen des Südens sicher zur Reife, zu denen in
dieser Beziehung auch die großen Längenthäler der östlichen Alpen zu
rechnen sind. Flachs wird mehr in der nördlichen Tiefebene, Hanf in
wärmeren Thälern Mitteldeutschlands gebaut. „Also ist," so schließen
wir mit den Worten des alten deutschen Geographen Seb. Franck,
„Germania eine selige gegend, darin gemässigte lnsft, fruchtbare fel-
duug von allerley getreyd überflüssig, dicke wäld, wassereich, mit guten
Geogr. Charakterbilder Deutschlands. I. 2