1885 -
Leipzig
: Fues (R. Reisland)
- Autor: Daniel, Hermann Adalbert, Volz, Berthold
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Das westdeutsche Rheinland.
deutschlands gefallen, und die beiden großen Hälften des Rheins sind
inniger als je zuvor verbunden. Jetzt muß man, namentlich bei
hohem Wasserstaude, sehr achtgeben, um das Binger Loch überhaupt
nur an dem schnelleren Schusse der Welleu noch zu bemerkeu. Links
von dem malerischen Eingangsthore des Durchbruches zieht sich Bingen,
wo unter der uralten Drususbrücke die Nahe hervorströmt, rechts
Rüdesheim am Ufer hin. 500 Schritt oberhalb des Binger Loches
liegt, wie eine Geisterresidenz, düster einsam, von schäumenden Wellen
umbraust, die viereckige Warte des Mäuseturms, deu der Sage
nach Erzbischos Hatto vou Mainz erbauen ließ, um sich vor ver-
solgeuden Mäufefchareu zu retten. Gegenüber liegt Bnrg Ehrenfels,
der schönste Anfang der sich nun anfthnenden romantischen Ritter-
bnrgenwelt.
Rechts von dem Kessel von Bingen steigt der Niederwald
ans; an seinem Anstiege erhebt sich das herrliche Siegesdenkmal, von
allen Seiten her weit sichtbar. (Siehe Titelbild.) Auf dem linken
Ufer über Bingen sieht die Ruine Klopp iu das Rheingau und das
Nahethal. Auf dem Rochusberge steht die Rochuskapelle mit einem von
Goethe geschenkten Altarbilde. Auf dem linken Ufer der Nahe liegt der
Rupertsberg, auf dem St. Hildegard eiu Kloster gebaut, auf dem
rechten der Scharlachkopf, wo der Scharlachberger wächst.
Unten auf dem Strome herrscht der regste Verkehr. Dampf-
schisse fahren hinab und hinauf; ihre Verdecke sind mit Reisenden ge-
füllt. Zwischeu Rüdesheim und Bingerbrück fahren Dampffähren und
Kähne herüber und hinüber. Am rechten Rheinufer auf- und ab-
wärts, am linken Rheinufer auf- und abwärts, vom Bahnhof Binger-
brück ins Nahethal hinein führen Eisenbahnen, stets sieht man Züge
kommen und gehen. Und dies alles mitten in einer der schönsten
landschaftlichen Scenerien Deutschlands, in einer Gegend voll heitern
Lebens.
Wir setzen unsere Fahrt auf dem 230 m breiten Rheine fort.
Die Schieferhöheu des Ufers häugen mit jähen Felsenmassen über
den Strom, selten haben sie Gesträuch, uoch seltener Wald, dafür
desto mehr Reben, die der Strom „mit grünlicher Woge kühlet".
Kaiser Probus soll durch seine Soldaten in müßiger Zeit sie zuerst
gepflanzt haben. Mit unsäglicher Mühe hat man die steilsten Ufer
hinan, befouders auf der rechten Seite des Stromes, Terrassen von
Mauern aufgeführt, und auf diesen die Reben gepflanzt; ohne diese
Mauern, wie bald würde Regen und Schneewasser die wenige Erde
samt den Pflanzen in den Strom spüleu! Auf die liebliche Idylle