1888 -
Leipzig
: Fues (R. Reisland)
- Autor: Volz, Berthold, Daniel, Hermann Adalbert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Sevilla.
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Stile gehalten ist. Das Ganze des Turmes macht mit einem
Worte ein recht gefälliges Bild, aber es ist eine große Übertreibung,
wenn man die Giralda als ein Wunder der architektonischen Schönheit
ausschreit.
Man ersteigt die Giralda auf einem Wendelgange, dessen Fall
so sanft ist, daß er die Stufen überflüssig macht. Mau könnte ohne
die mindeste Schwierigkeit auf den Turm hinanfreiten und selbst hinauf-
fahren, weuu der Gang für einen Wagen breit genug wäre. Obeu
auf dem Glockenstuhle hat man die Aussicht über eine unermeßliche,
aber durchaus nicht interessante Landschaft. Die Ebene von Sevilla
bietet dem Auge sehr wenige Haltepunkte dar, und ihr Horizont ver-
schwindet beinahe nach allen Seiten hin in ungewissen, charakterlosen
Linien. Nur in der Richtung des Gnadalqnivir hat die Landschaft
einen etwas lebeudigereu und beredteren Ausdruck. Das jenseitige rechte
Ufer des Flusses eutlang läuft ein wohlbebauter Höhenzug, auf dessen
Abhänge und vor dessen Fuße weißglänzende Dörfer und Städte mit
Kornfeldern, Olivenpflanzungen und zahlreichen Baumgruppen ab-
wechseln, währeud zwischen der Stadt und jenen Hügeln der breite
Strom, von Alleen und Fruchtgärten beschattet, sich in sanften
Schlangenwindungen dahinzieht. Das Bild des Flusses mit seinen
Umgebungen mag durch die nichtssagende Miene der übrigen Land-
schaft sehr gehoben werden, aber es ist auch an sich anziehend und
malerisch. Der Blick auf Sevilla selbst ist von der Giralda aus
uicht ganz befriedigend, weil dieser Turm fast am äußersten Ende
der sehr umfangreichen Stadt liegt. Mehrere der ansehnlichsten össent-
lichen Gebäude befinden sich indessen just zu den Füßen der Giralda,
wie die Kathedrale, deren Plan man erst von dort oben herunter voll-
kommen begreift; weiter links die berühmte Tabaksfabrik mit ihren
endlosen Fa<zaden und unzähligen Höfen, südwärts der Alcazar mit
seinen hohen Mauerzinnen, seinen Festungstürmen und seinen herrlichen
Gärten.
Sevilla ist das spanische Rom, wenn auch ein Rom im kleinen.
In keiner Stadt des Landes vereinigen sich wie hier die Denkmäler
des Altertums mit den Schätzen der Kunst und mit den Schönheiten der
Natur. Dazu kommt bei den Sevillanern eine feine Weltsitte, ein
heiterer, geselliger Geist, eine Anmut und Eleganz des Lebens, wie
man sie im gleichen Grade im ganzen übrigen Spanien nicht findet.
Die Reste des römischen Altertums siud sehr zahlreich in Sevilla
und dessen nächster Umgebung. Die Mauern der Stadt mit ihren
spitz auslauseudeu Zinnen und ihren unzähligen Türmen gelten