1897 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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wenigstens einen Teil des großen Rnndgemäldes entschleiert. Die fernsten
sicher erkennbaren Angenziele sind der Altvater (126 Km), der Weiße Berg
bei Prag (121 Kni), der Milleschaner bei Teplitz (130 Km) und die Höhen
des Erzgebirges bei Zinnwald und Einsiedel (150 Km). Schmäler ist der
übersehbare Ranm nordwärts hinans in die Ebene: man erkennt aber dentlich
die flache Scheitelwölbnng des Zobten (81 Km). „Aber anziehender und lehr-
reicher als das Erspähen der fernsten Ziele ist dem Besncher des Koppen-
gipfels der Eindrnck der näheren Umgebung, der Niederblick in die drei tiefen
Gründe, die den Sockel des Koppenkegels derartig ans dem Znsammenhange
mit der Nachbarschaft heransschälen, daß seine schon in der Ferne kenntliche
landschaftliche Selbständigkeit eine noch schärfere Betonnng erfährt. Mit
Böschungen von 35 bis 40° fallen die von lockeren Gesteinstrümmern bedeckten
Lehnen des Gipfels nordwärts in den 500 m tieferen Melzergrnnd, westlich
in den 650 m tieferen Riesengrnnd. Beider Wnrzeln nähern sich soweit,
geläufige Nebelzeichen in seine Liste einzutragen; nur am 15. lüstete sich ans einige Stunden
der Wolkenvorhang, der ihn von der Welt den ganzen Monat über schied. — Unter solchen
Verhältnissen wird d e r N e b e l l an g e W o ch en h i n d u r ch d i e b e h e rrs ch e nd e W i tt e r u n g s.
erscheinung . . ., und oft ist er ein strenger, mit etfigem (griffe alles L ebende
bändigender Herr! Denn bei sehr niedriger Temperatur bildet treibender Nebel an
allen Gegenständen, an die er angeweht wird, einen festen Niederschlag, den Rauhreif oder
tvie man im Riesengebirge ihn nennt, den „Oaraum" (Anranm) . . . Dem Wanderer
überzieht der Nebelsturm die zugekehrte Wange irnd die Handoberslüche mit einem sich immer
erneuernden Eishäutchen; der Bart wird erst mit zartem Reife verkleidet, bald aber unter
der wechselnden Wirkung des tauenden Atems und des schneidigen Windhauches in einen
starren Eiszapfen verwandelt. An den Stangen, welche für trübes Wetter und Schneegestöber
die Wegrichtnng bezeichnen (Siehe auch S. 145), wächst den: Winde entgegen eine Rauh-
reiffahne; binnen wenigen Stunden sehen sie wie Bretter aus, die durch den Anflug immer
neuer erstarrender Tropfen auf der Windseite immer größere Dicke, aber zugleich ein
lockereres Gefüge erhalten. So zahlreich heften zarte Federn und durchbrochene Spitzen-
säume schnell wachsender Eisgewebe sich aneinander, daß die Ansicht des in Fortentwickelung
begriffenen Fahnenrandes auf der Windseite dem Einblicke in einen tiefen, vielblätterigen
Blumenkelch ähnelt. Erst der Wechsel von Schmelzung und Wiedergesrieren macht die Er-
zeugnisse des Rauhreifs fester und plumper. Die Windfahne der Koppe wird zu einem
wunderlichen Eisklumpen, ... der Telegraphendraht wurde bis zum Zerreißen mit Eis
behängen, sodaß man vorzieht, ihn vor Winters Einbruch abzunehmen. Bäumchen gewinnen
für ihre eisbeschwerten Äste eine Stütze in Eissüulchen; manchmal aber verwandeln sie sich
auch in nahezu formlose Eisklötze . . . Man muß auf Winterwanderungen im Gebirge
diese wunderlichen Eispfeiler, zu denen vereinzelte Fichten sich umgestalten können, gesehen
haben, um zu begreifen, daß dieser Rauhreif mehr als die Schneefülle das Gedeihen des
Bauniwuchses auf dem Gebirge hindert und ein Empordringen der Baumgrenze in höhere
Lagen verwehrt." Joseph Partsch, Schlesien. Eine Landeskunde für das deutsche Volk
auf wissenschaftlicher Grundlage. Breslau 1896, Ferdinand Hirt. 1. Teil: Das ganze
Land. Seite 235 bis 237.